@phdthesis{Mueller2014, type = {Master Thesis}, author = {Hannes M{\"u}ller}, title = {Der Mensch als homo religiosus zwischen Essenz und Existenz bei Paul Tillich : eine kritische Darstellung}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0295-opus-4480}, year = {2014}, abstract = {Die Lehre vom Menschen ist f{\"u}r den Theologen und Philosophen Paul Tillich kein Teilgebiet seiner Systematischen Theologie, sondern nimmt darin eine entscheidende Rolle ein. Dies wird schon in seiner Methodik deutlich. Tillichs Methode der Korrelation unternimmt den Versuch die Fragen der menschlichen Situation mit den Antworten der g{\"o}ttlichen Offenbarung in Beziehung zu bringen. Seine Theologie will antwortende Theologie sein, die nicht an den Menschen vorbei redet. Insofern beginnt seine Theologie bei den Fragen des Menschen und dem Menschen an sich, der selbst die Frage ist. Tillich greift, zur Bearbeitung seiner Anthropologie, auf ein philosophisches Begriffsinstrumentarium zur{\"u}ck wodurch seine Anthropologie vor allem philosophische Anthropologie in theologischem Horizont ist. Auf den Grundlagen von Ontologie, Epistemologie und Existenzialphilosophie aufbauend, zeichnet er das Bild des entfremdeten Menschen. Dieser ist aus dem Zustand der „tr{\"a}umenden Unschuld“ – aus dem Paradies – herausgefallen. W{\"a}hrend in seinem Urzustand das essentielle und das existentielle Sein in harmonischer Beziehung standen, ist diese Beziehung nach dem (S{\"u}nden)Fall korrumpiert. Die Begriffe „Essenz“ und „Existenz“ nehmen bei Tillich eine Schl{\"u}sselrolle bei der Beschreibung der menschlichen Konstitution ein. Die Essenz beschreibt den Menschen, wie er sein sollte, w{\"a}hrend die Existenz den Menschen meint, wie er ist. Die Anthropologie Tillichs baut auf der Erz{\"a}hlung vom „Fall“ auf, weil erst durch den „Fall“ der Mensch und die Sch{\"o}pfung aus einem Zustand unendlicher Potentialit{\"a}t in die verwirklichte Existenz {\"u}bergehen. Im Zustand der Existenz sind essentielles und existentielles Sein voneinander entfremdet, weshalb Tillich von der Entfremdung des Menschen im Zustand der Existenz spricht. Tillichs Christologie basiert auf der {\"U}berwindung dieses Zustandes, die in dem Leben Jesu als dem Christus realisiert wurde. Christus als das „Neue Sein“ stellt die Harmonie zwischen Essenz und Existenz wieder her, indem er unter den Bedingungen der Existenz das essentielle Sein verwirklicht. Dadurch erm{\"o}glicht er dem Mensch ebenfalls neues Sein, wenn er an dem Leben Christi partizipiert. Der gegenw{\"a}rtige Mensch bleibt solange ein Fragender, bis er von dem g{\"o}ttlichen Geist ergriffen worden ist. Seine entfremdete Existenz – Tillich spricht auch von zweideutigem Leben – fragt nach dem neuen Sein und versucht von sich aus zu diesem Sein zu gelangen. Jedoch m{\"u}ssen diese Versuche scheitern, da nur der g{\"o}ttliche Geist eindeutiges/unzweideutiges Leben erm{\"o}glichen kann. Er ist die Antwort auf die Frage nach dem eindeutigen Leben. Durch die g{\"o}ttliche Gabe des eindeutigen Lebens, womit Tillich die erneuerte Beziehung von Essenz und Existenz meint, wird der Mensch f{\"a}hig zu „echtem“ Glauben und „echter“ Liebe (agape). Von dem g{\"o}ttlichen Geist ergriffen geschehen im Menschen „Wiedergeburt“ und „Rechtfertigung“. Au{\"s}erdem setzt der Prozess der „Heiligung“ ein, indem der Mensch immer mehr von dem g{\"o}ttlichen Geist zu einem Ebenbild des „Neuen Seins“ umgeformt wird. Tillichs Anthropologie muss im Kontext seiner antwortenden Theologie verstanden werden. Er m{\"o}chte mit seinem offenen System Ankn{\"u}pfungspunkte f{\"u}r andere Wissenschaften, wie etwa die Psychologie und die Naturwissenschaften, bieten. Die wohl entscheidendste Pointe seines Ansatzes liegt in seiner Verst{\"a}ndlichkeit. Als Tillich diesen entwickelte hatte er seine intellektuellen Zeitgenossen und ihre Fragen vor Augen. Man k{\"o}nnte von einer „milieusensiblen“ Systematik sprechen, die Tillich pr{\"a}sentiert. Seine Neuformulierung und {\"U}bersetzung der christlichen Botschaft, ohne R{\"u}ckgriff auf kirchengeschichtlich „vorbelastete“ Termini und dogmatische Lehrs{\"a}tze kann nicht hoch genug gesch{\"a}tzt werden. Der Verfasser versteht Tillichs (anthropologisches) Konzept als Einladung kontextuelle Theologie zu betreiben, die den gegenw{\"a}rtigen Menschen angeht. Dabei d{\"u}rfen aber Problembereiche der Tillich’schen Anthropologie nicht ausgeblendet werden. Tillichs r{\"u}hmlicher Versuch einer Neuinterpretation der christlichen Lehre vom Menschen neigt dazu sich sehr weit von der biblischen Vorlage zu entfernen. Nach Meinung des Verfassers weicht Tillich an einigen Stellen so weit von der biblischen Vorlage ab, dass er keine neue {\"U}bersetzung der biblischen Botschaft hervorbringt, sondern ihr einen alternativen modernen Mythos kontradiktorisch gegen{\"u}berstellt. Dar{\"u}ber hinaus muss gefragt werden, ob Tillich nicht in der Gefahr steht mit seinem geschlossenen ontologischen und abstrakten System Wirklichkeit zu simplifizieren. Der Mensch l{\"a}sst sich nur mit dem Wissen, dass es sich dabei um eine Reduktion der Wirklichkeit handelt, in der Bipolarit{\"a}t von Essenz und Existenz beschreiben. Tats{\"a}chlich ist er deutlich komplexer als es Tillich mit den abstrakten ontologischen Begriffen „Essenz“ und „Existenz“ ausdr{\"u}cken kann. Tillichs Konzeption des Menschen in seiner Konstitution zwischen „Essenz“ und „Existenz“ ist, nach Meinung des Verfassers, nichtsdestotrotz eine ad{\"a}quate Beschreibung des Menschen, wenn sie als kontextuelle Neu{\"u}bersetzung christlicher Anthropologie f{\"u}r seine Zeitgenossen verstanden wird. Sein Konzept ist gleichzeitig eine Einladung zu st{\"a}ndiger Aktualisierung und Neu{\"u}bersetzung der biblischen Botschaft. Tillichs gro{\"s}es Verdienst ist, dass er dazu ermutigt, indem er systematische Theologie als antwortende Theologie versteht, die sich den zeitgeschichtlichen Fragen und Situationen der Menschen stellen muss. Dies wird auch und besonders in seiner Anthropologie deutlich}, language = {de} }