Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, Köln
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Teilhabeforschung hat den Anspruch, die Forschung zu und mit benachteiligten Personenkreisen, insbesondere Menschen mit Beeinträchtigungen, neu auszurichten. Im Institut für Teilhabeforschung der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho NRW) setzen sich Vertreter_innen unterschiedlicher Disziplinen teilhabeorientiert mit den Lebenssituationen von Menschen mit Behinderung und/oder Menschen im Alter auseinander.
Der bereits seit 2010 gegründete Forschungsschwerpunkt bildete die Basis für das 2016 gegründete Institut für Teilhabeforschung. Das Institut vereinigt zwei Forschungsfelder: die Forschung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderung, die aufgrund der heilpädagogischen Studiengänge einen Schwerpunkt in der Abteilung Münster hat, und die Forschung zur Teilhabe im Alter, zu der sich Wissenschaftler_innen aus den vier Abteilungen Aachen, Paderborn, Köln und Münster zusammengefunden haben.
Die Zusammenführung und Zusammenarbeit dieser Forschungsfelder liegen aus folgenden Gründen nahe:
- Die Zielgruppen überschneiden sich (am häufigsten werden Beeinträchtigungen im Alter erworben; Menschen mit lebensbegleitender Behinderung altern).
- Konzepte der selbstbestimmten Teilhabe haben als Leitidee für die Unterstützung der Lebensführung in beiden Feldern an Bedeutung gewonnen.
- Beide Felder können sich in Bezug auf Forschungsthemen, Konzepte und Theorien sowie Forschungsmethoden gegenseitig befruchten.
- In der Praxis kooperieren Unterstützungsstrukturen in beiden Feldern zunehmend in denselben Sozialräumen.
Ausgehend von den vielfältigen Forschungsaktivitäten im Institut entstand ein Diskurs darüber, was Teilhabeorientierung in der Forschung ausmacht. Die vorliegende Schrift ist das Ergebnis dieses Diskussionsprozesses. Ihr Ziel ist es,
- zu spezifizieren, wie das Institut Teilhabe versteht;
- herauszuarbeiten, was unseres Erachtens Teilhabeforschung auszeichnet;
- den Ansatz der Teilhabeforschung für die Forschungsfelder Behinderung und Alter
fruchtbar zu machen.
In dieser Schrift wird zum einen das Verständnis von Teilhabeforschung aus der Perspektive des Instituts dargelegt. Die verschiedenen Blickwinkel auf Teilhabe, die mit einer interdisziplinären Arbeitsweise einhergehen, werden zusammengeführt, verortet und dadurch geschärft. Zum anderen möchte sich das Institut im Diskurs zur Teilhabeforschung richtunggebend positionieren. Teilhabeforschung zu entwickeln ist ein Prozess, den das Institut sowohl inhaltlich als auch methodisch weiter mitgestalten möchte. Für die Personenkreise, die die Forschenden in den Fokus nehmen, sollen Veränderungen der gesellschaftlichen Wirklichkeit durch Grundlagen, wie anwendungsbezogene Forschung angebahnt werden. Die Lebenswirklichkeiten von Menschen mit Behinderung und Menschen im Alter nebst ihrer Zugehörigen sollen verstärkt in den Blick genommen werden. Zudem sollen diese Personenkreise stärker am gesamten Forschungsprozess beteiligt werden.
Die vorliegende Schrift behandelt
- die derzeitige gesellschaftliche Einbettung des Teilhabediskurses,
- die disziplinären Auffassungen und Zugänge zum Teilhabebegriff,
- das Verständnis von Teilhabe des Instituts für Teilhabeforschung,
- Ziele, Fragen und Aufgaben der Teilhabeforschung,
- Merkmale der Forschungsmethodik und
- die Institutionalisierung des Instituts für Teilhabeforschung.
Die COVID-19-Pandemie hat seit Anfang des Jahres 2020 erhebliche Auswirkungen auf das alltägliche Leben eines*r jeden. Im Verlauf der Pandemie wurden von politischen Akteur*innen multiple Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie verabschiedet, die den Alltag stark verändern. Zu Beginn der Pandemie wurden die Kräfte gebündelt, um die Ausbreitung des Virus zu verringern. Elektive medizinische Maßnahmen wurden nach Möglichkeit aufgeschoben (Osterloh 2020) und Ressourcen zur Bekämpfung des Virus verschoben. Verschiedenste Studien zum neuartigen SARS-CoV-2-Virus wurden erstellt, um es bestmöglich zu erforschen.
Dazu wie sich aber diese Entwicklungen auf die Menschheit und deren psychische Konstitution auswirken, konnten erst im Verlauf der Pandemie Untersuchungen angestellt werden. Offen blieb, wie sich die Maßnahmen auf bestimmte Bevölkerungsgruppen auswirken. So stellte sich die Frage, wie Menschen, die bereits vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie psychisch erkrankt waren, die Pandemie inklusive ihrer Folgen wahrnehmen und welche Auswirkungen diese auf sie haben.
Aus dieser Leerstelle heraus entwickelte sich das Forschungsinteresse für die folgenden Untersuchung.
Die nachfolgende schriftliche Ausarbeitung orientiert sich an der zeitlichen Abfolge der unternommenen Forschungsschritte. So werden zuerst das Forschungsinteresse und die Forschungsfrage definiert, um den Grundstein der Forschungsarbeit zu legen. Es folgen die Einordnung und Definitionen für das Forschungsprojekt unentbehrlichen Begriffe. Das Verständnis von psychischer Erkrankung wird erläutert und ebenso das der Teilhabe, welches sich an dem Capability Approach nach Sen und Nussbaum orientiert. Zur Einführung in das Thema der COVID-19-Pandemie wird ein Überblick über die in Deutschland relevanten Entwicklungen in zeitlicher Abfolge gegeben. Es folgt eine Übersicht der bislang erhaltenen medizinisch wesentlichen Erkenntnisse zum SARS-CoV-2-Virus. Darauffolgend erfolgt die Erhebung des aktuellen Forschungsstands. Es wird unterschieden zwischen den Auswirkungen einer Krisensituation auf die Gesamtbevölkerung und den bislang bekannten Folgen der COVID-19-Pandemie auf die Allgemeinbevölkerung. Dabei lassen sich soziologische und wirtschaftliche von psychologischen Konsequenzen abgrenzen. Anschließend werden die Auswirkungen der Pandemie auf Menschen mit psychischen Vorerkrankungen eruiert.
Zur Nachvollziehbarkeit des Forschungsprozesses wird das Forschungsdesign der Studie erläutert. Dazu wird kurz auf die Grundlagen qualitativer Sozialforschung eingegangen und die gewählte Interviewform beschrieben. Der beforschte Personenkreis wird definiert und auch forschungsethisch relevante Aspekte werden thematisiert. Die Auswertung der erhobenen Daten erfolgt mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse und wird schrittweise erläutert.
Darauffolgend werden die Ergebnisse der Untersuchung dargelegt. Die Erläuterung dieser orientiert sich an dem während der Inhaltsanalyse erstellten Kodesystems, welches in Anlage 3 abgebildet ist. Es wird unterschieden zwischen den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Befragten und auf die Hilfesysteme, in welchen sie sich bewegen. Auch werden die von den interviewten Personen artikulierten Bedarfe dargestellt.
Zur Validierung der erstellten Ergebnisse erfolgt die Interpretation dieser anhand des zuvor erhobenen Forschungsstands. Dabei wird differenziert in die Auswirkungen auf die Befragten, auf die Hilfesysteme und auf die Teilhabe der interviewten Personen.
Abschließend erfolgt eine Schlussbetrachtung, welche einerseits eine Zusammenfassung darbietet, sowie die Grenzen und erlebten Widersprüche der Forschungsarbeit kontextualisiert und andererseits einen Ausblick liefert.
Die gesamte Forschungsarbeit ist vor dem Hintergrund kontinuierlicher Veränderungen und neuer Erkenntnisse zum SARS-CoV-2-Virus und der COVID-19-Pandemie zu betrachten. Die dargelegten Betrachtungen stützen sich auf die bis zum 01.10.2020 publizierten Erkenntnisse.
Die veröffentlichte Masterthesis beschäftigt sich mit dem Beitrag des beruflichen Selbstverständnisses von Fachkräften zur Arbeits- und Berufsförderung zur teilhabeförderlichen Ausgestaltung des Arbeitslebens in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbMs). In den WfbMs arbeiten sowohl Heilerziehungspfleger/innen oder andere Fachkräfte mit einer pflegerisch/pädagogischen Ausbildung als auch ausgebildete Gesell/innen, Meister/innen oder Facharbeiter/innen handwerklicher Berufe. Letztere haben ihren Ursprungsberuf im Handwerk und nennen sich Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung (FABs). FABs stellen die größere Gruppe der Mitarbeiter/innen in WfbMs dar. Obwohl es ihre primäre Aufgabe ist, die in WfbMs tätigen Menschen zu qualifizieren, zu unterstützen und anzuleiten, sind sie keine aus der Pflege oder Pädagogik stammenden Fachkräfte. Bislang wurde sich in empirischen Forschungen nicht der Frage gewidmet, ob und inwieweit der handwerkliche Berufshintergrund der FABs und das damit verbundene Berufsverständnis einen Beitrag für eine teilhabeförderliche Ausgestaltung des Arbeitslebens in WfbMs leistet. Auch in der Literatur ist die aktuelle Wissenslage zu diesem Thema begrenzt. An dieser Stelle setzt die Thesis mit der folgenden Forschungsfrage an:
Welchen Beitrag leistet das berufliche Selbstverständnis von FABs mit handwerklichem Berufshintergrund zur teilhabeförderlichen Ausgestaltung des Arbeitslebens in WfbMs?
Anhand einer systematischen Literaturrecherche und einer qualitativen Forschung von fünf leitfadengestützter Interviews mit FABs wird auf diese Frage innerhalb der Thesis eine Antwort im Rahmen der Möglichkeiten gegeben. Innerhalb des theoretischen Zugangs (Teil I) wird ein offenes Verständnis von Teilhabe am Arbeitsleben erarbeitet, welches sich vor allem durch sinnvolle Tätigkeiten auszeichnet. Zudem wird das berufliche Selbstverständnis theoretisch umrahmt. Auf der Grundlage einer anthropologischen Reflexionsebene auf das Handwerk wird erarbeitet, dass ein potenzieller Beitrag des beruflichen Selbstverständnisses denkbar ist. Innerhalb des empirischen Zugangs (Teil II) konnten induktiv Ober- und Unterkategoiren gebildet werden. Hier ist vor allem ein kompliziertes Geflecht aus Gelingens- und Hinderungsfaktoren zu nennen, welche 11 generierte Beiträge des beruflichen Hintergrunds zur teilhabeförderlichen Ausgestaltung des Arbeitslebens beeinflussen. Zudem stellten sich Gelingensvoraussetzungen und Hindernisse als relevant dar, die einen Beitrag erst möglich oder nicht möglich machen.