Evangelische Hochschule Nürnberg
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In der Auseinandersetzung mit dem erstarkten Rechtspopulismus zeigt sich, dass dessen langjähriger Misserfolg nicht auf eine erhöhte ‚Resilienz‘ der deutschen Bevölkerung zurück- zuführen ist, denn immer deutlicher zeigt sich, dass Deutschland für seinen Kampf um die Bewahrung der Freiheitlich-demokratischen Grundordnung eher schlecht gewappnet er- scheint. Dafür lassen sich eine Vielzahl von möglichen Begründungen anführen, aber ein ganz wesentlicher Grund liegt nach meiner Ansicht auch darin, dass in Deutschland der ‚Rechtsstaat‘ lange vor der ‚Demokratie‘ etabliert wurde. Dies resultiert nicht nur aus einem gewissen ‚Fremdeln‘ der traditionsreichen deutschen Staatsrechtslehre mit einer der Grund- lagen unseres liberal-demokratischen Gemeinwesens: dem ‚Pluralismus‘. Sondern auch – wie im Folgenden gezeigt wird – in einer insgesamt wenig elaborierten Auseinandersetzung mit diesem Begriff.
Im Rückgriff auf die eigene Dissertation zum Thema „Kindliches Lernen und pädagogisches Handeln – Subjektive Theorien angehender KindheitspädagogInnen wird hier noch einmal subjektorientierten Ansätzen zum Lernen und pädagogischen Handeln im Kindergarten nachgegangen. Sie ist von dem Anspruch getragen, sich nicht in die vielschichtigen Erhebungen und Veränderungsdiskurse über die Pädagogik des Kindergartens einzureihen, sondern vielmehr die subjektiven Aspekte und Meinungen zu den Konstrukten ‚kindliches Lernen‘ und ‚pädagogisches Handeln‘ herauszuarbeiten, die die Basis der Handlungen pädagogischer Fachkräfte bilden und folglich auch grundlegend für die Arbeit mit wissenschaftlichen Theorien im Rahmen der Professionalisierung sind. Es wird versucht, das vorhandene ‚implizite Wissen‘ von angehenden KindheitspädagogInnen zu eruieren. Um die individuellen Verständnisse der Fachkräfte zum kindlichen Lernen und pädagogischen Handeln im Kindergarten zu untersuchen, wird das methodologische Konzept der subjektiven Theorien herangezogen. Es versucht, Intentionen und Ziele für das eigene Handeln aufzuspüren und die handlungsleitenden Theorien für die pädagogische Arbeit nutzbar zu machen.
2015 bis 2020 führte die Stiftung Bildungspakt Bayern das Projekt „TAFF – Talente finden und fördern an der Mittelschule“ als Schulversuch durch. Das Modellprojekt richtete sich an die Jahrgangsstufen 6 bis 9 und hatte die gezielte Förderung von Talenten von Mittelschülerinnen und Mittelschülern, die durch bestehende Angebote noch nicht hinreichend angesprochen werden, zum Kernanliegen. Exklusivpartner des TAFF-Schulversuchs war die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.
Kooperationen gestalten
(2022)
Diese Handreichung soll Impulse für die Prozessgestaltung von Kooperationen zwischen Kirchengemeinden liefern, die im Zuge von Transformationsprozessen derzeit eingegangen werden – oder eingegangen werden müssen. Herzstück sind die vier Dimensionen, zu denen sich jede Kooperation verhält: Intentionalität, Interaktivität, Intensität und Souveränität. Die Fragestellungen, die den Dimensionen zugeordnet wurden, können für die eigene Praxis erweitert, variiert, zusammengeführt, konkretisiert und weiterentwickelt werden. Die Skizzierungen für Vorgehensweisen beim Einstieg in eine Kooperation, bei der Bearbeitung von Konflikten und bei Bilanzierungen sind ausdrücklich als Vorschläge gedacht und können ebenso den Traditionen der jeweiligen Praxen angepasst werden.
Idealerweise werden die dargestellten Vorgehensweisen von professionellen Fachkräften der Organisationsberatung und -entwicklung begleitet. Sie können aber auch ohne Moderation genutzt werden oder auch nur Teile davon umgesetzt werden.
Darüber hinaus ist es auch nicht notwendig, den Prozess in Gruppen zu vollziehen. Auch eine individuelle persönliche Auseinandersetzung mit den Dimensionen kann als hilfreiche Orientierung für den eigenen
Professionalisierungsprozess herangezogen werden.
Auch wenn die Bundesrepublik Deutschland im Demokratieindex der Economist Intelli- gence Unit (vgl. Kekic 2007) als vollständige und stabile Demokratie geführt wird, (vgl. The Economist 2022) zeigen sich in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren doch auch nicht zu unterschätzende demokratiegefährdende und/oder demokratiefeindliche Tendenzen (vgl. Zick/Küpper 2021). Diese lassen sich z.B. am Phänomen der Politikverdrossenheit bestimmter Risikogruppen festmachen (vgl. Bertelsmann-Stiftung 2017, 2020), aber auch am Erstarken extremer politischer Gewalt (vgl. BMI 2021) sowie der Zunahme antisemitischer Straftaten (vgl. BMI 2017) bzw. der Verbreitung rassistischer Vorurteile (vgl. DeZIM 2022). Vor diesem Hintergrund wird – schon seit längerem – auch in der Sozialen Arbeit die Förderung von Demokratie als professionelle Aufgabe verstanden (vgl. Geisen u.a. 2013; Mührel/Birgmeier 2013; Köttig/Röh 2019). Gesellschaftliche Teilhabe, Inklusionsvermitt- lung und Exklusionsvermeidung sind dabei schon immer gesellschaftspolitischer Auftrag der Sozialen Arbeit, was insbesondere im professionstheoretischen Selbstverständnis der Sozialen Arbeit als Menschenrechtsprofession zum Ausdruck kommt (vgl. Staub-Bernasconi 2019).
Diakonisches Handeln gehört zum Wesen der Kirche. Der Auftrag der Nächstenliebe ist in der Bibel breit bezeugt. Glaube und Liebe, Gottesliebe und Nächstenliebe unter der Perspektive der Hoffnung bilden den Kern kirchlichen Handelns. Sie werden in der Bibel
im Doppelgebot der Liebe zusammengefasst. Hier liegen die Wurzeln des Diakonats (vgl. Noller 2016; Härle 2011; Schmidt 2006). Für die Rummelsberger Diakon:innen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) ist insbesondere Mt 25, 31-46 von gewichtiger
Bedeutung. Die sieben Werke der Barmherzigkeit, wie sie beispielsweise im Altarraum der Philippuskirche in Rummelsberg zu sehen sind, wirken als biblische Leitbilder für das Handeln von Diakon:innen: Durstige tränken, Hungrige speisen, Gefangene besuchen, Tote bestatten, Kranke heilen, Fremde beherbergen und Nackte bekleiden wird übersetzt
und aktualisiert in professionelles Hilfehandeln im Kontext des jeweiligen Dienstauftrages.
Damit leben sie die Verkündigung der Menschenfreundlichkeit Gottes in Wort und Tat.
Der Beitrag befasst sich mit der Bedeutung eines kritischen Bildungsverständnisses für hochschulische (Pflege-)Bildung. Es wird aufgezeigt, wie an der Evangelischen Hochschule Nürnberg erfahrungsbezogenes Lernen im Bachelorstudiengang Gesundheits- und Pflegepädagogik umgesetzt wird. Dazu wird zunächst der konfliktreiche Pflegealltag als Ausgangspunkt des gewordenen Selbstverständnisses Studierender problematisiert. Davon ausgehend wird im zweiten Abschnitt eine kritische Theorie der Persönlichkeitsbildung in der Pflegebildungspraxis skizziert, deren Verständnis tiefer gehen muss, damit Studierende eine werteorientierte Lehreridentität entwickeln. Im dritten Abschnitt werden der Reflexionsbegriff – verstanden als Arbeit an und mit eigenen Haltungen sowie als kritische Auseinandersetzung mit den Antinomien lebensweltlicher Erfahrungen Studierender – konkretisiert. Dann wird erläutert, wie Reflexionskompetenz als eine Entwicklungsaufgabe Studierender und angehender Lehrender an der Evangelischen Hochschule Nürnberg konzeptionell verankert ist. Im vierten Abschnitt wird am Beispiel der Lehrstückarbeitnach Brecht gezeigt, wie eine kritische Bildungspraxis konkret gestaltbar ist.
Führen mit Symbolen im diakonisch-kirchlichen Umfeld. Personalführung in Zeiten der Unsicherheit
(2022)
Die Corona-Pandemie hat Auswirkungen auf alle Lebens- und Arbeitsbereiche. Viele Menschen empfinden eine große Unsicherheit. Abstand halten, Maske tragen, Kontakte vermeiden: Verstärkt Corona die soziale Ungleichheit? Wie verändert sich unser Zusammenleben und Zusammenarbeiten? Sicher ist, dass Corona laut Untersuchungen (BSI 2020) die Digitalisierung der Arbeitswelt beschleunigt.
"Lasst mich spielen"
(2022)
Kindheit wird mit Spiel verbunden, mit spielerischem Entdecken und Erfassen der Um-
welt. Unwidersprochen aktuell sind historische Gedanken in der Literatur zum Spiel. Und
das häufigste Zitat dürfte das von Schiller sein („Briefe über die Ästhetische Erziehung“,
1795): „Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist
nur da ganz Mensch, wo er spielt.“
Im Widerspruch zum klassischen Bild von der „Lebenstreppe“, die ab dem 35. Lebensjahr kontinuierlich bergab führt, sei hier ein Entwurf gezeichnet, der den Blick nach „oben“ lenkt, im Sinne der Vervollständigung des eigenen Lebensbildes, einer zunehmenden Ausdifferenzierung der eigenen Persönlichkeit - trotz oder gerade wegen der besonderen Herausforderungen, die der späte Lebensabschnitt mit sich bringen kann. Orientiert an der Redewendung „Alter ist nichts für Feiglinge“ liefert die Gerontologie als Wissenschaft genügend Belege, die zu diesen Veränderungen ermutigen können.
Die Autorin möchte den Wunsch hinzufügen, dass allen „Mutigen“, die diesen Schritt wagen, eine reiche Farbpalette zur Verfügung steht, die es ermöglicht, die Landschaft des eigenen Lebens, die es fürderhin auszumalen gilt, in vielfältigen, lebendigen und warmen Tönen zu zeichnen.
Identität statt Formalität: Russlanddeutsche in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
(2022)
Seit Jahrzehnten, verstärkt seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor über 30 Jahren, siedeln deutsche Menschen aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion unter besonderen Bedingungen wieder zurück nach Deutschland über. Diese (Spät-)Aussiedler*innen werden landläufig „Russlanddeutsche“ genannt. Sie gelten in Deutschland als unauffällig und gut integriert. Doch gerade deshalb ist wenig über diese Gruppe bekannt. Längst nicht alle von ihnen sind deutschsprachig aufgewachsen, ihre jeweiligen kulturellen Identitäten sind sehr unterschiedlich ausgestaltet, religiöses Leben fand in der Sowjetunion unter gänzlich verschiedenen Bedingungen statt als in Deutschland.
Daher wurde beim Institut für Praxisforschung und Evaluation (IPE) der Evangelischen Hochschule Nürnberg die Studie „Beziehungen und Zugänge von Deutschen aus der ehemaligen Sowjetunion zur ELKB“ in Auftrag gegeben. In enger Abstimmung mit einem kleinen Team aus Aussiedlerseelsorger*innen wurde zunächst eine Explorationsstudie durchgeführt, auf die später ein standardisierter Fragebogen folgen sollte. Der Interviewzeitraum erstreckte sich vom Frühjahr 2020 bis in den Sommer 2021, der Abschlussbericht wurde im Dezember 2021 vorgelegt.
In Zeiten raschen gesellschaftlichen Wandels stehen auch soziale Organisationen und Einrichtungen vor großen strukturellen und inhaltlichen Herausforderungen. Die Reflexion etablierter, bisweilen sogar überholter Prozesse scheint in manchen Bereichen gar eine wesentliche Grundbedingung für die Effektivität und Passgenauigkeit sozialen Arbeitens. Organisationsentwicklung im Sinne von Veränderung wird zu einem Erfolgsparameter. Organisationsentwicklung als Erkenntnisfundus der Sozialwissenschaften bietet ein reiches Repertoire an Werkzeugen an diese Veränderungsprozesse mitzugestalten.
Grundlage folgender Ausführungen bilden aktuelle Forschungen zum Thema der Kooperation von Schulen und Praxisstätten in der Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte, der Kompetenzorientierung in ihrer Qualifizierung sowie die Grundlagen für kompetenzorientierte Weiterbildung von Mentorinnen am Lernort Praxis.
Der frühe Tod eines Kindes in der Schwangerschaft und zur Geburt ist ein in allen Epochen der Geschichte, Kulturen, Gesellschaftsschichten und Altersstufen präsentes Phänomen. Bedingungsfaktoren, Epidemiologie, Klassifikation, Prävalenz und Umgangsformen haben sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Der Fötus bleibt dabei eine „umstrittene Figur“ im ethischen, juristischen, medizinischen, persönlichen und soziologischen Diskurs.
Seit Ende des 20. Jahrhunderts erhält das Thema auf medizintechnologischer sowie gesellschaftlicher Ebene ein neues Gewicht. Der Bedeutungsschirm des Themas überspannt individuelle und kollektive Strukturen in Gesellschaft, Politik, Religion und Wissenschaft.
Weltweit kommt es jedes Jahr schätzungsweise zu 23 Millionen Fehlgeburten, was einem Verlust von 44 Schwangerschaften pro Minute entspricht. Eine Fehlgeburt ist im Allgemeinen definiert als Verlust eines Kindes in der Schwangerschaft vor Erreichen der Lebensfähigkeit (vgl. Lancet 2021; Lancet 2021 Miscarriage 1). In der Serie „Miscarriage matters“ fordern die Autoren nicht nur ein komplettes Überdenken des Narrativs rund um die Fehlgeburten, sondern eine umfassende Überarbeitung der medizinischen Versorgung und Beratung von Frauen, die eine Fehlgeburt erlitten haben (vgl. Lancet 2021). Etwa 2,6 Millionen Kinder sterben zu einem späteren Zeitpunkt in der Schwangerschaft. Die Publikation „Ending preventable Stillbirths“ thematisiert die enormen Auswirkungen später Verluste auf Familien und Gesundheitsdienstleister (vgl. Lancet 2016). Trotz steigender Evidenz, vielfacher Forschungsaktivitäten und zunehmend dokumentierter Erfahrungsberichte fehlt bis heute eine umfassende, systematische Einordnung, die der Phänomenologie des Themas insgesamt gerecht wird und eine transdisziplinäre Forschungsgrundlage bietet. Zeitgenössisches Verstehen erfordert die Berücksichtigung der historischen Entwicklung, die nachfolgend lediglich skizziert ist. Eine rein quantitative Einschätzung kann nicht erfassen, welche Bedeutung der Tod eines Kindes vor, zur und kurz nach der Geburt für betroffene Paare, ihre Familien sowie deren soziales Umfeld, aber auch für involvierte Fachkräfte und Institutionen hat. Auf qualitativer Ebene zeigt sich eine hohe Emotionsdichte und Intensität im Erleben, komprimiert auf einer Zeitschiene zwischen Diagnostik und der Option, eine neue Schwangerschaft zu wagen. In besonderer Weise provoziert das Thema Fragen nach der eigenen Existenz, dem Lebenssinn oder einer tragenden Kraft außerhalb der materiellen Realität. Diese Publikation bietet eine Handreichung zur Verständnisklärung, indem die Komplexität des Themas aus der Perspektive betroffener Frauen und Paare aufgefächert wird. Dies geschieht unter Berücksichtigung psychischer, medizinischer, juristischer, sozialer und spiritueller Hintergründe und mündet in einer Synopse, die drei Wesenskerne des Diskurses herausarbeitet: Verlust, Vielschichtigkeit, Uneindeutigkeit. Die verwendeten Fallbezüge sind evidenzbasiert und stützen sich auf Praxisbeispiele, Gesprächsprotokolle und -analysen sowie Zitate einer systematischen Dokumentation der Erstautorin.
Seit Beginn der sogenannten Corona-Krise diskutieren sowohl die Soziologie wie auch die Ethik sehr intensiv über Themen (gesellschaftlicher Zusammenhalt, Ungleichheit, Gerechtigkeit), die an entscheidenden Stellen nur mittelbar mit der Krise selbst zu tun haben, die jedoch in dieser, wie unter einem Brennglas, in verschärfter Form zutage treten. Aus unserer Perspektive spricht vieles dafür, diese Brennglassituation auch dahingehend zu nutzen, sich mit diesen über das Aktuelle hinausweisenden Themen intensiv auseinanderzusetzen. Gleichzeitig, und dies stellt den direktesten Anlass für das Folgende dar, haben wir diese Auseinandersetzung als ein Ge-spräch, als einen Dialog zwischen Ethik, Theologie und Soziologie angelegt, der, ausgehend von einer auf die aktuelle Situation bezogenen Diagnose, versucht, disziplinübergreifende Gemein-samkeiten wie auch disziplinspezifische Unterschiede auszuloten, um die Grenzen des eigenen Soziolekts (Zima) zu überschreiten und im Rahmen einer dialogischen Situation eine belastbare gemeinsame Perspektive zu entwickeln. Vielleicht lässt sich die Situation der Pandemie auch als eine Grenzsituation im Jasper‘schen Sinne verstehen, in der „nichts Festes da ist, kein unbe-zweifelbares Absolutes, kein Halt, der jeder Erfahrung und jedem Denken standhielte“ (Jaspers 1922, S. 229). Warum möglicherweise kein Halt da ist – und was stattdessen vorherrscht –, darauf bieten Soziologie, Theologie und Ethik sicherlich unterschiedliche aber, so denken wir, kommensurable Antworten.
Ausgehend von der dialektischen Verschränkung der Diskurse um Inklusion und Raum wird das von Jürgen Habermas als konstitutiv für das Inklusionsparadigma postulierte Theorem der „Einbeziehung des Anderen“ als Herausforderung für die räumliche Organisation und Strukturierung von Bildungslandschaften beschrieben. Insofern schärft der folgende Beitrag den Blick für die „utopischen Überschüsse“ der Produktion und Aneignung inklusiver und heterogenitätssensibler Bildungsräume.
Im Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfe) wird die Norm formuliert, dass die Jugendarbeit bzw. die Jugendverbände „nicht irgendeine Partizipation“ (Sturzenhecker 2014: 225 f.) ermöglichen sollen, sondern eine Beteiligung, die bewusst auf die Übernahme von Verantwortung für sich und andere zielt. Während die Rolle der Jugendverbände als demokratiebildende und -stabilisierende Akteure theoretisch hinreichend reflektiert und konzeptionell fest in den Leitbildern und Programmatiken verankert ist, ist das Wissen über die Realität demokratischer Prozesse in der Jugendverbandsarbeit und deren Bedeutung für die politische Mündigkeit junger Menschen vergleichsweise überschaubar.
Diesbezügliche Studien fokussieren entweder auf die tatsächliche demokratische Organisationsstruktur (vgl. Riekmann 2012) oder thematisieren die positive Wirkung der Jugendverbandsarbeit im Hinblick auf außerverbandliche politische Aktivität (vgl. Landesjugendring Nordrhein-Westfalen 2010: 31). Argumentiert wird dabei häufig aus der Perspektive der Erwachsenen(organisation), die Sichtweise der Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen bleibt dagegen in der Regel unberücksichtigt. Angesichts der viel zitierten Krise der Demokratie sind die Erfahrungen mit demokratischen Entscheidungs- und Teilhabeprozessen im Jugendverband aber sowohl für die jungen Menschen als den zukünftigen demokratischen Akteuren als auch für die Zukunft der Demokratie als Staatsform selbst von entscheidender Bedeutung (vgl. Bergsdorf 2017). Es stellt sich daher die Frage, ob der durch die Jugendverbände selbst behauptete Anspruch, „Werkstätten der Demokratie“ (Deutscher Bundesjugendring 2004) zu sein, der Realität gerecht wird (vgl. Sturzenhecker 2014).
Der vorliegende Artikel stellt Ergebnisse einer qualitativen Längsschnittstudie zur Lebenssituation von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten dar. Rekonstruiert werden Anlässe für wiederkehrende emotionale Wendepunkte im lebensgeschichtlichen Verlauf des Ankommens in Deutschland. Überdies stehen Erkenntnisse aus der methodischen Reflexion der eingesetzten Untersuchungsmethoden der „biografischen Entwicklungskurve“ und der „Netzwerkkarte“ im Mittelpunkt dieses Beitrags. Die Methoden werden im Hinblick auf ihre Praxistauglichkeit für Prozesse der biografischen Arbeit in den Wohngruppen diskutiert und damit in Verbindung stehende Einsatzmöglichkeiten aufgezeigt.
Bildung als Selbstbildung
(2020)
Die Institution Hochschule unterliegt starken Veränderungen: Politische und gesellschaftliche Anforderungen an die Studierenden werden höher, damit sie eine lebenswerte Zukunft mitgestalten können.
Im Jahr 2015 hat die Weltgemeinschaft die Agenda 2030 verabschiedet. Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung mit ihren 169 Unterzielen sind das Kernstück der Agenda 2030. Die Sustainable Development Goals (SDGs) sollen bis 2030 global und von allen UNO-Mitgliedstaaten erreicht werden, um die drängenden Herausforderungen der Welt gemeinsam zu lösen. Dies umfasst ökonomische, ökologische und soziale Entwicklungsaspekte. Die Studierenden benötigen daher zukunftsgerechte Schlüsselqualifikationen wie beispielsweise Selbstständigkeit, Flexibilität und Kommunikationsfähigkeit, um den zukünftigen gesellschaftlichen Herausforderungen in einer Welt, in der Gewissheit nicht gewiss ist, gerecht zu werden. Welche Konsequenzen dies für die Lehre hat, soll der folgende Beitrag aufzeigen.
Im Methodenschatz II befinden sich vom Forschungsteam entwickelte Methoden, mit denen die Perspektiven der Kinder in der KiTa erhoben, ausgewertet und dokumentiert werden können. Zwölf Methoden wie beispielsweise „KiTa-Führung“, „Kinder fotografieren ihre KiTa“ oder „Videobasierte Beobachtung“ geben Fachkräften die Möglichkeit, sich einen Zugang zu den Perspektiven der Kinder zu verschaffen. Die auf eine Erhebung folgenden Auswertungsschritte sind ausführlich beschrieben und durch Beispiele veranschaulicht. Um die Ergebnisse dem Team, den Kindern, den Eltern etc. in der KiTa transparent zu machen, stehen verschiedene Dokumentationsmöglichkeiten zur Verfügung.