Evangelische Hochschule Tabor, Marburg
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Der Heilige Geist - ein Vergleich der Pneumatologien Jürgen Moltmanns und Wolfhart Pannenbergs
(2019)
Wer oder Was ist der Heilige Geist? Diese Frage beschäftigt Theologen seit Beginn der
Kirchengeschichte. In der säkularen Welt spielt die Thematik der Pneumatologie selten eine
Rolle, wohl machen Menschen aber die Erfahrung einer vitalisierenden Kraft. Auch reicht das
Spektrum der Beschäftigung mit dem Geist in Gemeinden von einer Vergessenheit bis hin zu
ekstatischer Hingabe. Jürgen Moltmann und Wolfhart Pannenberg möchten in ihren
Pneumatologien zu einem ganzheitlicheren Verständnis verhelfen, in dem sie das Wirken des
Geistes nicht nur auf seine soteriologische, sondern auch auf trinitarischer, kosmologischer,
ekklesiologischer und eschatologischer Ebene untersuchen. Moltmann verfolgt dabei das
Anliegen, einem monotheistischen Gottesverständnis und der Theodizee den lebensschaffenden
Geist, eingebunden in eine soziale Trinitätslehre, gegenüberzustellen. Dies soll positiven
Einfluss auf das politisch-ökologische Handeln und das ökumenische Gespräch nehmen. Der
Geist wirkt im Zusammenspiel mit Vater und Sohn bei der Schaffung der Welt, welche auf
Vollendung hofft, die der Geist in der Verherrlichung des Vaters durch den Sohn und die
Herstellung der vollkommenen Einheit erwirkt. Er führt verschiedene Charismen auf, die alle
für die Einheit der Gemeinde und Beziehung zu Gott genutzt werden sollen.
Pannenberg ist apologetisch motiviert: er möchte den Geist und damit die wechselseitigen
Wirkungen der Trinität in Analogie zum physikalischen Energiefeld darstellen und auf das
Wirken Gottes in der Gesamtgeschichte, die ihn am Ende als wahren Gott erweisen wird,
aufmerksam machen, um so im wissenschaftlichen Diskurs sprachfähig zu sein. Glaube,
Hoffnung und Liebe stellen die wichtigsten Geistwirkungen am Menschen dar. Der Geist ist
der Vollender aller Dinge.
Im Vergleich zeigt sich, dass zwar unterschiedliche Schwerpunkte aufgrund der verschiedenen
Zielsetzungen vorliegen, sich die generellen Auffassungen der beiden Theologen aber
überschneiden. Beide gehen von einem kontinuierlichen Wirken seit Schöpfungsbeginn aus und
sehen den Geist als Lebensquelle sowie als Mittel und Person an, die am Ende der Zeit Gottes
Verherrlichung erwirkt. Dabei wird dann auch die Einheit der Trinität vervollkommnet und
Gottes Schechina bei den Menschen sein, so Moltmann. Für Pannenberg ist demgegenüber die
immanente Trinität bereits real vervollkommnet, wenn auch für den Menschen noch nicht
offenbar. Gottes ruah und Christi Geist sind für sie identisch; er führt ihn in die Gemeinschaft
mit Gott, verwandelt die Gläubigen und wird die Auferstehung zum ewigen Leben
hervorbringen, wie es Jesu Auferweckung schon vorwegnimmt. Beide rufen zu ökologischer
Verantwortung und ökumenischer Einheit auf und möchten die innertrinitarische, nicht
hierarchische Liebe als Vorbild für kirchliches und gemeinschaftliches Leben darstellen.