Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar
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Ausgangspunkt der hier vorliegenden Untersuchung ist die Frage nach dem Zusammenwirken von Mitarbeitenden und Angehörigen in einem Altenpflegeheim. Diese Arbeit fokussiert auf die Perspektiven der Mitarbeitenden. Diese Subjektorientierung führt zu einem interpretativen Forschungsparadigma. Die Untersuchung erfolgt auf der Basis des Forschungsprogramms Subjektive Theorien und dem Ansatz der Sozialen Repräsentationen. Im empirisch-deskriptiven Teil werden kognitiven Strukturen der Mitarbeitenden über die Angehörigen geborgen und dargestellt. Das Bestreben der Studie besteht ist, mit der idiographischen Analyse einzigartige Entitäten abzubilden und einen rekonstruktiven Beitrag im Rahmen einer Fallstudie zu liefern. Eine über den Einzelfall hinausgehende Betrachtung im Sinne einer überindividuellen Generalisierung wird durch eine deskriptive Typenbildung vorgenommen.
Im Resümee zeigt sich ein erfahrungsbasierter, tätigkeitsorientierter Alltag. Dort werden die Dualität von konkreten, meist körperorientierten Tätigkeiten und der Beziehungsarbeit aufrechterhalten und zeigen die Ambivalenz der Mitarbeitenden. Erfahrbar ist die Marginalität der Angehörigen. Trotz der konzeptionell gefassten Zentralität von Angehören, bleiben die Angehörigen in einer Art Nichtzugehörigkeit und werden als von außen kommend wahrgenommen. Das Altenpflegeheim organsiert sich bis auf wenige Aspekte unabhängig von der Kompetenz, Mitwirkung und Präsenz der Angehörigen.
Kooperationsverweigerung, selektive Zusammenarbeit, Misstrauen und Kontrolle sind nur einige Beschreibungen für die Spannungen, die die Zusammenarbeit - und das ist bereits ein Diktum - mit Angehörigen charakterisieren. Die Pathologisierung von Angehörigen (belastet, sich schuldig fühlend, überfordert) und ein fürsorglich-paternalistischer Umgang mit ihnen (teilkompetent-laienhaft, Angehörige als Klienten) machen sie zu einer strukturellen Problemgruppe und erschweren partnerschaftliche Aushandlungsprozesse. Die Idee einer geteilten Sorge endet meist bei der nicht geteilten Verantwortung.
Altenpflegeheime sind stark regulierte und kontrollierte Organisationen und zeigen sich als Orte der Polyvalenz: Durch die Verschränkung der Lebenswelt von Bewohnern und ihrer Familien mit der Arbeitswelt der Mitarbeitenden benötigen alle Beteiligten eine hohe Professionalität und Zeit und Raum für triadische Aushandlungsprozesse.
The premature baby in the decision-making process.
Introduction. Decision-making concerning withholding or withdrawing of life-sustaining treatment for premature children at the border of viability is difficult and feared. Many articles are focusing these difficulties and burdening factors (e.g. Austin et al. 2009; Bucher et al. 2018; Webb et al. 2014). Nevertheless there are experienced nurses who narrate cases of decision-making processes which were reflected as well done. Often the supportive factors and values that enable a team to perform a good process are not explicit, but part of the tacit knowing of the “moral community”, as Walker (1993) named it. This investigation was undertaken to make these factors and values accessible.
Method. Documentary Method applied to the interpretation of narrative interviews, as developed by Nohl (2005), was used to reconstruct social reality. 24 narrative interviews were sequential and comparative analyzed and semantically interpreted. Then, the Care-Ethic Model (Tronto 1993, 2013) was tested for it´s fitting to the reconstructed moral practice.
Results. Decision-making processes which are reflected as well done have at least two important characteristics: (1) Collaborative decision making (not only shared decision-making) is needed, with building a kind of temporarily companionship and putting the different knowing, the different kind of concernment and the different perspectives into account and not only respect it but use it as a resource. (2) Everybody should focus the premature child in the center of the decision-making process as a fellow human and take her/ him as the protagonist of the process: By taking the child’s reactions and signals as serious and important information about vitality and live will, the companions on their way through this process reach more certainty.
Conclusion. The Care Ethic framework amended by adding the anthropology of children as Janusz Korczak (1983, 2015) developed and practiced it in his “Pedagogic of Respect to the Child” (Beiner 2016), enables to understand the moral practice of actors in Neonatal Intensive Care.
Demenz und Spiritualität : die Dimension der Spiritualität in der Begleitung von Menschen mit Demenz
(2018)
Bei der vorliegenden Dissertationsschrift handelt es sich um eine theoretisch ausgerichtete Literaturarbeit zu den Themen Demenz und Spiritualität. Zentrales Anliegen der Arbeit ist es, die bisher vernachlässigte Spiritualitätsperspektive in der Begleitung von Menschen mit Demenz vor dem Hintergrund anthropologischer und leibphänomenologischer Ansätze aufzuzeigen. Die Ergebnisse aus der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Phänomenen Demenz, Spiritualität und Leiblichkeit wurden in ein praxisrelevantes Konzept der spirituellen Begleitung von Menschen mit Demenz überführt.
Was sind Atmosphären? Woher kommen sie, wen tangieren sie und welche Rolle spielen sie für das Wohnen im Altenheim? Um diese Fragen zu beantworten, habe ich ausgehend vom Atmosphärenbegriff nach Böhme (2001a) Wohnen im Altenheim mit Hilfe eines neoästhetischen Ansatzes beforscht. Schmitz (2007: 277), der Wohnen als „Kultur der Gefühle im umfriedeten Raum“ definiert, zeigt, dass das komplexe Vermögen des Wohnens sehr stark von den ortsräumlichen Atmosphären abhängig ist. Dies wirft einerseits die Frage auf, welche Atmosphären das Wohnen begünstigen und andererseits, ob wohnen in einem Altenheim überhaupt möglich ist. Mit dem Übersiedeln in ein Altenheim wird das Wohnen zumindest temporär unterbrochen. Nach dem Einzug konnte ich drei Phasen identifizieren, die mit jeweils verschiedenen Qualitäten gespürt werden und letztlich zum Wohnen führen können: der Übergang, das Einwohnen, das Wohnen. Die Phase des Übergangs zeigt sich darüber hinaus in drei unterschiedlichen Facetten – der Übergang als diffuser Richtungsraum, der Übergang als Gefangensein im Aufenthalt sowie der dauerhafte Übergang. Während der Übergang eine ergebnisoffene Phase der Neuorientierung darstellt, ist das Einwohnen mit der Angliederungsphase nach van Gennep (2005) vergleichbar. Der Raum, in dem man lebt, wird vertrauter. Man verwächst immer mehr mit ihm und es bilden sich mehr und mehr Ge-wohn-heiten heraus, bis man fließend zum Wohnen gelangt. Wie die Ergebnisse dieser praxisorientierten Arbeit zeigen, wird dieser Prozess nicht so linear durchlaufen, wie er hier skizziert wird. Wohnen im Altenheim ist zwar grundsätzlich möglich, stellt aber nicht die Regel dar. Die Herausforderung für die Praxis besteht darin, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Wohnen im Heim ermöglicht wird. Derzeit muss konstatiert werden, dass es sich bei der aktuellen Bezeichnung des Be-wohners oft um einen euphemistischen „Etikettenschwindel“ handelt.
Zielsetzung
Die Handlungsfelder für psychiatrisch Pflegende in aufsuchenden, ambulanten Settings weiten sich aus. Dieses Setting hat Einfluss auf die Aufgabenfelder, die Verantwortungsbereiche und die Anforderungen die an die Pflege gestellt werden.
Ziel der Studie ist es zu beschreiben, welche Kompetenzen und Kompetenzprofile für die Arbeit im ambulanten Setting benötigt werden und ob diese Profile die gleiche Gewichtung
innerhalb der Pflege haben oder sich ihre Bedeutsamkeiten unterscheiden. Es wird anschließend Bezug zur subjektiven Sicht auf den Beruf selbst und den notwendigen Qualifikationsbedarf genommen.
Methodik
Mittels systematischer Analyse wurden die in der Literatur beschriebenen Kompetenzen extrahiert.
Unter Verwendung der Q-Methode wurden diese durch die Probanden hinsichtlich ihrer Bedeutsamkeit für den beruflichen Alltag gewichtet. Sechsunddreißig psychiatrisch
Pflegende aus sieben verschiedenen Einrichtungen mit ambulanter und aufsuchender psychiatrischer
Akutversorgung in Rheinland-Pfalz bildeten die untersuchte Stichprobe.Begleitend zu diesem Gewichtungsprozess wurden mit den Probanden zu den Gründen, diezu den Einordnungen führten, halbstrukturierte Interviews geführt.Mit deskriptiver statistischer Analyse wurden die Gewichtungen der Kompetenzen dargestellt und Top bzw. Least-Favourite-Kompetenzen beschrieben. Mittels Hauptkomponentenanalyse wurden korrelierende Antwortmuster zusammengefasst und so Gruppen gebildet, für die bestimmte Arten der Kompetenzbewertung (Faktorladung) typisch sind. Aus den so entstandenen Kompetenzprofilen konnten, unterstützt durch die qualitativen Daten, drei abgrenzbare Kompetenzprofile abgeleitet werden. Die Interviews wurden mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.
Ergebnisse
Bezüglich der Bedeutsamkeit der Kompetenzen haben sich drei klare Schwerpunkte, die alle
dem Bereich der Pflege-Patient-Beziehungsgestaltung zugeordnet werden können, abgebildet. Dieses deckt sich mit Ergebnissen aus der Psychotherapieforschung. Kompetenzen, die eher kreativen, spezialtherapeutischen Verfahren zugeordnet werden können, wurden sehr niedrig gewichtet.
Aus der Hauptkomponentenanalyse ließen sich drei Kompetenzprofile ableiten, die unterstützt durch die qualitativen Daten beschrieben werden können.
1. Coaching und Psychotherapie: gekennzeichnet durch hohe Präferenz strukturierter,eher regelgeleiteter therapeutischer Interventionen. Die Beziehung ist nicht
Wirkfaktor an sich, sondern Grundlage für therapeutisch induzierte Veränderung.
2. Begleitende Alltagshilfe: sehr am Alltag und den Lebensbedingungen der Patienten interessierte Pflegepersonen, die eher am aktuellen Befinden und der konkreten Hilfe im Alltag und der Förderung und Stützung orientiert sind. Die pflegerisch-therapeutische Beziehung wird nicht in Verbindung mit Interventionen, sondern
eher als universell bedeutsam beschrieben.
3. Fallsteuerung und Vernetzung: gekennzeichnet durch starkes Einbeziehen von Umfeld und Mitbehandlern und hohen Grad an Struktur sowie Verantwortungsübernahme für die Steuerung der Versorgung. Primärziel ist es, eine möglichst
gute Vernetzung im System herzustellen.
Hierbei ist festzuhalten, dass die Probanden nicht nur einem einzelnen Kompetenzprofil folgen
und andere Profile aus ihrer Arbeit ausschließen, sondern das es jeweils ein besonders
deutlich ausgeprägtes Profil gibt, das höher priorisiert wird als die anderen. Dieses kann als
das „leitende Profil“ bezeichnet werden.
Für die Bildung einer Assoziation zu diesen Profilen konnten zwei Einflussfaktoren identifiziert
werden:
1. Externale Faktoren: Besonderheiten der Umgebungsbedingungen (städtisches oder
ländliches Umfeld), spezifisches Arbeitsumfeld, gesundheitspolitische Rahmenbedingungen
(z. B.: Abrechnungsmöglichkeiten von Leistungen) und individuelle Patientenanforderungen.
2. Internale Faktoren: Persönliche Einstellungen und Werte wie das Menschenbild,
Krankheitsverständnis und das Professionsbild, aber auch persönliches Wissen und
Können.
Schlussfolgerung
Die Arbeit stellt einen Rahmen her, in dem die Kompetenzen und Kompetenzprofile in der
ambulanten psychiatrischen Pflege beschrieben und eingeordnet werden können, und gibt
Hinweise auf das Professionsbild und die berufliche Identität in der ambulanten psychiatrischen
Pflege. Die beschriebenen Kompetenzprofile sind geeignet, Qualifizierungsbedarfe für die Tätigkeit in ambulanten, aufsuchenden Settings für psychiatrisch Pflegende abzuleiten.
Insbesondere die Handlungsfelder Coaching, Psychotherapie und Case-Management sind hier hervorzuheben, da diese nur unzureichend in den klassischen Weiterbildungen zur
Fachpflege in der Psychiatrie berücksichtigt sind. Dieser Rahmen ist ein erstes Modell, das durch zukünftige Arbeiten untersucht, konkretisiert, angepasst und erweitert werden muss.
Hintergrund: Basiskompetenzen respektive Kulturtechniken, zu welchen auch das mathematische Textverständnis gehört, sind für eine erfolgreiche Gestaltung eines Ausbildungsverlaufes, insbesondere in der Altenpflegeausbildung, von großer Bedeutung. Aufgrund der Tatsache, dass nach eingehender Sichtung der Literatur und der Studienlage auf keine Vorarbeiten zurückgegriffen werden konnte, die sich primär um die Zielgruppe der Pflege beschäftigten, wurde der Test zur Erfassung des mathematischen Textverständnisses (Jordan & Stein 2011c) gewählt. Es stellt sich die Frage, ob mit den vorliegenden Testverfahren das mathematische Textverständnis von Altenpflegeschülern valide erfasst werden kann.
Methode: Für diese Untersuchung wurden insgesamt 664 Altenpflegeschüler aus 17 bundesweit angesiedelten privaten und öffentlichen Altenpflegeschulen befragt. Unter Anwendung der Probabilistischen Testtheorie wurde geprüft, ob das Rasch-Modell für die dichotomen Daten gilt, welche mit dem TeMaTex und dem CareMaTex generiert wurden. Darüber hinaus wurde überprüft, ob die Summenwerte aus den dichotomen Daten aussagekräftig in Kompetenzstufen beziehungsweise Noten transformiert werden dürfen.
Ergebnisse: 15 der ursprünglich 18 Items des TeMaTex konnten an den Kontext der Altenpflege angepasst und in Form eines neuen validen Tests zur Erfassung des mathematischen Textverständnisses (CareMaTex) dargestellt werden. Vor diesem Hintergrund ließen sich Aussagen zum Niveau der Altenpflegeschüler hinsichtlich des mathematischen Textverständnisses ableiten. Insgesamt steigen die Hauptschüler und Realschüler im Vergleich zu den Schülern mit Fachhochschulreife und Abitur mit einem geringeren Niveau in die Altenpflegeausbildung ein.
Schlussfolgerungen: Es wird nicht empfohlen, im Rahmen eines Bewerberauswahlverfahrens oder für die Einzelfalldiagnostik in der Altenpflegeausbildung den TeMaTex zu verwenden. Der in dieser Arbeit entwickelte CareMaTex stellt eine valide Alternative zum TeMaTex dar. Es sei festgehalten, dass die Diagnostik solcher Defizite in der Berufsausbildung nicht allein zur Lösung der Problematik beiträgt. Es müssen daran anschließend Fördermaßnahmen entwickelt werden, die dieser Problematik entgegenwirken können. Dies konnte in der vorliegenden Arbeit nicht bewerkstelligt werden und wird daher als weiterer Forschungsbedarf festgestellt.
Der thematische Kontext der Studie befasst sich mit der seit Mitte der 1990er Jahre zu beobachtenden „Verbetriebswirtschaftlichung“ des sozialen und pflegerischen Feldes, bei dem ökonomische Aspekte eine immer größere Bedeutung gewinnen. Die hiermit verbundenen Fragen nach dem wahrgenommenen Ausmaß, den wahrgenommenen Folgen und den Reaktionen der Akteure des unteren, mittleren und oberen Managements auf den marktwirtschaftlichen Umbau in der gerontologischen Langzeitpflege stehen hierbei zentral, da zunehmende Konflikte in ethischen und ökonomischen Fragestellungen für das Management und die Pflegenden gleichsam eine große Herausforderung bedeuten.
Das Ziel der Studie war es, der zentralen These eines Strukturwandels im Gesundheitswesen, bei dem die fortschreitende Entwicklung der Ökonomisierung zu einem immer stärkeren Konflikt zwischen den genuinen Interessen ökonomischer und pflegerischer Ziele führt, in ihrer wissenschaftlichen Relevanz empirisch nachzugehen.
Durch die Ergebnisse der empirischen Analyse zur Ökonomisierung der vollstationären Langzeitpflege und deren Folgen für die handlungsleitenden Orientierungen der Akteure, die über die dokumentarische Methode nach Ralf Bohnsack rekonstruiert wurden, zeigt sich primär eine Heterogenität der handlungsleitenden Orientierungen im Spiegel der Ökonomisierung, die in ihrer jeweiligen Typologie differenziert dargestellt wurde.
Die Ergebnisse der Studie zur Theorie und Praxis pflegerischer Werthorizonte können in ihrer philosophischen, ethischen und professionsbezogene Einbettung zur Unterstützung eines professionellen Habitus dienen und so zur Weiterentwicklung der Professionalität der Akteure im Feld beitragen, indem die Kompetenz zur gesellschaftskritischen Reflexion, zur Entwicklung reflektierter, zielgerichteter Handlung, zur Diskurs- und Dialogbereitschaft, zur Kooperation und Innovation aktiv gefördert wird.
Aus den zusammenfassenden Analysen zwischen den theoretischen Erkenntnissen pflegerischer Werthorizonte in ihrer orientierungsgebenden Funktion und den rekonstruierten handlungsleitenden Orientierungen der Akteure im Feld lassen sich Implikationen ableiten, die zur Gestaltung einer werteorientierten Pflege- und Unternehmenskultur einen Beitrag leisten sollen. Mit den Ergebnissen der Studie zeigen sich Ansätze zu einem möglichen Modell eines Wertekonzeptes, das mit der Weiterentwicklung kulturbeeinflussender Faktoren der Einrichtungen im Rahmen eines Kulturwandlungsprozesses zur „sozial sensiblen Steuerung“ der Organisationen beitragen kann. Hierin sollen betriebswirtschaftlich notwendige Anhaltspunkte sowie die berufsethischen Implikationen der Pflege in ihren jeweils statischen und dynamischen Aspekten in allen betrieblichen Ebenen (Sphären) bewusst einbezogen und in ihrer jeweiligen Prioritätensetzung kritisch beleuchtet werden.
Die Pflege-Transparenzvereinbarung ambulant (PTVA) - ein Instrument zum Erfassen von Pflegequalität?
(2015)
Seit dem Jahr 2009 werden in deutschen ambulanten Pflegediensten Qualitätsprüfungen vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) durchgeführt. Die darin berechneten Noten sind im Internet öffentlich einsehbar. Grundlage dieser Prüfungen ist die Pflege-Transparenzvereinbarung Ambulant (PTVA). Zu Beginn dieser Prüfungen gab es häufiger die Note „mangelhaft“ für ambulante Pflegedienste in Rheinland-Pfalz, mittlerweile erhalten die meisten Pflegedienste die Note „sehr gut“. Es stellt sich die Frage, ob mit der PTVA Pflegequalität valide gemessen werden kann. In der durchgeführten Untersuchung wurden 989 Datensätze von MDK-Prüfergebnissen aus 144 ambulanten Pflegediensten von den drei Bundesländern Rheinland-Pfalz, Saarland und Baden-Württemberg (2010 - 2011) untersucht. Mit Hilfe der Probabilistischen Testtheorie wurde geprüft, ob das Rasch Modell für die dichotomen Daten gilt, welche mit der PTVA erhoben werden. Zudem wurde überprüft, ob die validen Summenwerte aus den dichotomen Daten der PTVA verlässlich in Noten überführt werden dürfen. Der aktuellen Version der PTVA fehlt eine theoretische Fundierung. Bei der Entwicklung dieses Instrumentes wurde die Wissenschaft nicht ausreichend eingebunden, daraus entstehen gravierende methodische Probleme und somit sind die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen ambulanter Pflegedienste in Deutschland nicht haltbar. Es konnte nachgewiesen werden, dass das 1 PL Rasch - Modell nicht für die mit der PTVA erhobenen Daten gilt und deshalb die anhand der PTVA erstellten Noten zur Pflegequalität von ambulanten Pflegediensten nicht haltbar sondern abzulehnen sind. Bevor ein neues Instrument für die Qualitätsmessung in der ambulanten Pflege entwickelt werden kann, sind vorher der Qualitätsbegriff und die dazu gehörenden Dimensionen empirisch zu untersuchen. Danach kann erst der wissenschaftliche Prozess der Instrumentenentwicklung beginnen, um ein zuverlässiges und gültiges Instrument für Qualitätsmessungen in ambulanten Pflegediensten zu erhalten.
Die katholische Kirche in Deutschland ist mit über 1000 Einrichtungen ein wichtiger Akteur im Bereich der stationären Altenhilfe. Die dort tätigen Leitungskräfte tragen Verantwortung für die Umsetzung des kirchlichen Auftrags gegenüber den älteren Menschen. Deshalb ist es nicht unerheblich, wie ihre berufliche Rolle theologisch und innerkirchlich definiert wird. Auffallend ist, dass die Leitungen katholischer Altenheime nicht als „kirchlicher Beruf“ bezeichnet werden. Die theologische Aufmerksamkeit richtet sich fast ausschließlich auf die kirchlichen Ämter und Berufungen. In der Praxis der kirchlichen Personalarbeit wird unterschieden zwischen „kirchlichen Berufen“ und „sozialen Berufen in der Kirche“. Diese Unterscheidung bezeichnet nicht nur eine Zweiteilung der kirchlichen Berufswelt sondern entspricht auch der oft beklagte Trennlinie zwischen der Kirche und ihrer Caritas. Es ist deshalb zu fragen, ob die Kirche die Realität der Leitungsverantwortung in der stationären Altenhilfe der Caritas ausreichend wahrnimmt. Eine unzureichende Anerkennungskultur, so die These, beeinträchtigt die Identifikation der Leitungskräfte in der Altenhilfe mit der Kirche und die Chancen der Kirche, ihre Altenhilfeeinrichtungen als Orte der Evangelisierung zu gestalten. Sie unterminiert auch die Glaubwürdigkeit der Kirche, die die Gleichwertigkeit ihrer Grundfunktionen Diakonie, Liturgie und Verkündigung betont. Als Ursache der vorgefundenen Dichotomie wird eine unklare und doppelte Zielstellung der Kirche identifiziert. In kirchlichen Verlautbarungen zeigt sich häufig eine doppelte Zielformulierung, die zum einen auf die Ehre Gottes verweist und zum anderen auf das Heil der Menschen. In der Frage, ob es sich um zwei divergierende Ziele handelt oder ob ein einziges Ziel mit unterschiedlichen Begriffen ausgesagt wird, wird die theologische Grundlegung der Berufe in der Kirche verhandelt, denn Berufe sind aufgrund ihres instrumentellen Charakters auf eine deutliche Zielstellung angewiesen. Die Untersuchung zeigt, dass die kirchliche Zielstellung schwankt zwischen einer der ständischen „Logik der Ehre“ verhafteten Semantik und Praxis der Ehre einerseits und einer durch die jüdisch-christliche „Vision des Schalom (des Heils, des guten Lebens für alle, u.ä.)“ geprägten Verkündigung und Arbeit andererseits. Dies hat auch damit zu tun, dass die „Logik der Ehre“ nicht durch die Auflösung archaischer und ständischer Gesellschaftsformen erledigt ist, sondern als besondere Form von Anerkennungsverhältnissen auch in modernen Gesellschaften weiter existiert. Um zu einer eindeutigen und biblisch fundierten gemeinsamen Zielstellung der Berufe in der Kirche zu kommen, wird ausgehend vom Kern des jüdischen Glaubens, dem monotheistischen Gottesbild, gezeigt, wie in der nachexilischen Theologie die allein Gott zukommende Ehre und Verehrung zu einer wachsenden Kritik an der archaischen und ständischen „Logik der Ehre“ führt. Sie gipfelt in der Verkündigung Jesu und der Apostel, in der die „Vision des Schalom“ als zentrale Handlungssteuerung die „Logik der Ehre“ ablöst. Die Arbeit der Leitungen katholischer Altenheime wird daran anschließend als Mitarbeit am Schalom-Auftrag der Kirche beschrieben. Ob in der Emotionsarbeit der Pflegenden angesichts von ekeleregenden Situationen, ob im Umgang mit Macht und Geld, in der Bewertung von Handarbeit oder von Frauenberufen in der Einrichtung, in der Wahl von Konzepten für den Umgang mit Demenzkranken oder mit Verfahren ethischer Entscheidungsfindung, schließlich in der Verantwortung für Sterbeprozesse in der Einrichtung und für die Gemeinschaft der Heimbewohner und Pflegenden – in all diesen Verantwortungsbereichen wird die Entscheidung zwischen der „Logik der Ehre“ und der „Vision des Schalom“ alltäglich neu herausgefordert. In der Mitarbeit der Heimleitungen am kirchlichen Auftrag geht es in dieser Perspektive nicht um die Frage, wie das Evangelium in die Organisation kommt, sondern darum aufzudecken, wo die Anfragen des Evangeliums im Organisationsalltag begegnen und bewusst oder unbewusst bearbeitet werden. Dabei geht es nicht um randständige, sondern um zentrale Fragen der Evangelisierung. Deshalb wird dafür plädiert, die Leitung eines katholischen Altenheims als kirchlichen Beruf zu verstehen. Dieser neue Blick auf den Begriff des kirchlichen Berufs führt zu verschiedenen Konsequenzen, die im abschließenden Kapitel unter den Stichworten Kompetenzorientierung, gemeinsames modulares Lernen, Berufsdurchlässigkeit, Auswahlverfahren und Berufseinführung behandelt werden. Auch die gerade im Bereich der Pflege wahrzunehmenden Professionalisierungsdynamiken geraten unter der Perspektive der Sorge um Schalom unter einen kritischen Blickwinkel. Konsequenzen ergeben sich auch für die gemeinsame Verantwortung aller kirchlichen Berufe für den Sozialraum. Nicht zuletzt die Formulierung kirchlicher Loyalitätsobliegenheiten und einer eigenen christlichen Unternehmensphilosophie können durch die Ausrichtung auf den Schalom-Auftrag neu inspiriert werden. Anforderungen ergeben sich auch an die Organisation und Vertretung von kirchlichen Berufsgruppen und die künftige Begrifflichkeit für die Berufe in der Kirche.