Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar
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Die katholische Kirche in Deutschland ist mit über 1000 Einrichtungen ein wichtiger Akteur im Bereich der stationären Altenhilfe. Die dort tätigen Leitungskräfte tragen Verantwortung für die Umsetzung des kirchlichen Auftrags gegenüber den älteren Menschen. Deshalb ist es nicht unerheblich, wie ihre berufliche Rolle theologisch und innerkirchlich definiert wird. Auffallend ist, dass die Leitungen katholischer Altenheime nicht als „kirchlicher Beruf“ bezeichnet werden. Die theologische Aufmerksamkeit richtet sich fast ausschließlich auf die kirchlichen Ämter und Berufungen. In der Praxis der kirchlichen Personalarbeit wird unterschieden zwischen „kirchlichen Berufen“ und „sozialen Berufen in der Kirche“. Diese Unterscheidung bezeichnet nicht nur eine Zweiteilung der kirchlichen Berufswelt sondern entspricht auch der oft beklagte Trennlinie zwischen der Kirche und ihrer Caritas. Es ist deshalb zu fragen, ob die Kirche die Realität der Leitungsverantwortung in der stationären Altenhilfe der Caritas ausreichend wahrnimmt. Eine unzureichende Anerkennungskultur, so die These, beeinträchtigt die Identifikation der Leitungskräfte in der Altenhilfe mit der Kirche und die Chancen der Kirche, ihre Altenhilfeeinrichtungen als Orte der Evangelisierung zu gestalten. Sie unterminiert auch die Glaubwürdigkeit der Kirche, die die Gleichwertigkeit ihrer Grundfunktionen Diakonie, Liturgie und Verkündigung betont. Als Ursache der vorgefundenen Dichotomie wird eine unklare und doppelte Zielstellung der Kirche identifiziert. In kirchlichen Verlautbarungen zeigt sich häufig eine doppelte Zielformulierung, die zum einen auf die Ehre Gottes verweist und zum anderen auf das Heil der Menschen. In der Frage, ob es sich um zwei divergierende Ziele handelt oder ob ein einziges Ziel mit unterschiedlichen Begriffen ausgesagt wird, wird die theologische Grundlegung der Berufe in der Kirche verhandelt, denn Berufe sind aufgrund ihres instrumentellen Charakters auf eine deutliche Zielstellung angewiesen. Die Untersuchung zeigt, dass die kirchliche Zielstellung schwankt zwischen einer der ständischen „Logik der Ehre“ verhafteten Semantik und Praxis der Ehre einerseits und einer durch die jüdisch-christliche „Vision des Schalom (des Heils, des guten Lebens für alle, u.ä.)“ geprägten Verkündigung und Arbeit andererseits. Dies hat auch damit zu tun, dass die „Logik der Ehre“ nicht durch die Auflösung archaischer und ständischer Gesellschaftsformen erledigt ist, sondern als besondere Form von Anerkennungsverhältnissen auch in modernen Gesellschaften weiter existiert. Um zu einer eindeutigen und biblisch fundierten gemeinsamen Zielstellung der Berufe in der Kirche zu kommen, wird ausgehend vom Kern des jüdischen Glaubens, dem monotheistischen Gottesbild, gezeigt, wie in der nachexilischen Theologie die allein Gott zukommende Ehre und Verehrung zu einer wachsenden Kritik an der archaischen und ständischen „Logik der Ehre“ führt. Sie gipfelt in der Verkündigung Jesu und der Apostel, in der die „Vision des Schalom“ als zentrale Handlungssteuerung die „Logik der Ehre“ ablöst. Die Arbeit der Leitungen katholischer Altenheime wird daran anschließend als Mitarbeit am Schalom-Auftrag der Kirche beschrieben. Ob in der Emotionsarbeit der Pflegenden angesichts von ekeleregenden Situationen, ob im Umgang mit Macht und Geld, in der Bewertung von Handarbeit oder von Frauenberufen in der Einrichtung, in der Wahl von Konzepten für den Umgang mit Demenzkranken oder mit Verfahren ethischer Entscheidungsfindung, schließlich in der Verantwortung für Sterbeprozesse in der Einrichtung und für die Gemeinschaft der Heimbewohner und Pflegenden – in all diesen Verantwortungsbereichen wird die Entscheidung zwischen der „Logik der Ehre“ und der „Vision des Schalom“ alltäglich neu herausgefordert. In der Mitarbeit der Heimleitungen am kirchlichen Auftrag geht es in dieser Perspektive nicht um die Frage, wie das Evangelium in die Organisation kommt, sondern darum aufzudecken, wo die Anfragen des Evangeliums im Organisationsalltag begegnen und bewusst oder unbewusst bearbeitet werden. Dabei geht es nicht um randständige, sondern um zentrale Fragen der Evangelisierung. Deshalb wird dafür plädiert, die Leitung eines katholischen Altenheims als kirchlichen Beruf zu verstehen. Dieser neue Blick auf den Begriff des kirchlichen Berufs führt zu verschiedenen Konsequenzen, die im abschließenden Kapitel unter den Stichworten Kompetenzorientierung, gemeinsames modulares Lernen, Berufsdurchlässigkeit, Auswahlverfahren und Berufseinführung behandelt werden. Auch die gerade im Bereich der Pflege wahrzunehmenden Professionalisierungsdynamiken geraten unter der Perspektive der Sorge um Schalom unter einen kritischen Blickwinkel. Konsequenzen ergeben sich auch für die gemeinsame Verantwortung aller kirchlichen Berufe für den Sozialraum. Nicht zuletzt die Formulierung kirchlicher Loyalitätsobliegenheiten und einer eigenen christlichen Unternehmensphilosophie können durch die Ausrichtung auf den Schalom-Auftrag neu inspiriert werden. Anforderungen ergeben sich auch an die Organisation und Vertretung von kirchlichen Berufsgruppen und die künftige Begrifflichkeit für die Berufe in der Kirche.
Was sind Atmosphären? Woher kommen sie, wen tangieren sie und welche Rolle spielen sie für das Wohnen im Altenheim? Um diese Fragen zu beantworten, habe ich ausgehend vom Atmosphärenbegriff nach Böhme (2001a) Wohnen im Altenheim mit Hilfe eines neoästhetischen Ansatzes beforscht. Schmitz (2007: 277), der Wohnen als „Kultur der Gefühle im umfriedeten Raum“ definiert, zeigt, dass das komplexe Vermögen des Wohnens sehr stark von den ortsräumlichen Atmosphären abhängig ist. Dies wirft einerseits die Frage auf, welche Atmosphären das Wohnen begünstigen und andererseits, ob wohnen in einem Altenheim überhaupt möglich ist. Mit dem Übersiedeln in ein Altenheim wird das Wohnen zumindest temporär unterbrochen. Nach dem Einzug konnte ich drei Phasen identifizieren, die mit jeweils verschiedenen Qualitäten gespürt werden und letztlich zum Wohnen führen können: der Übergang, das Einwohnen, das Wohnen. Die Phase des Übergangs zeigt sich darüber hinaus in drei unterschiedlichen Facetten – der Übergang als diffuser Richtungsraum, der Übergang als Gefangensein im Aufenthalt sowie der dauerhafte Übergang. Während der Übergang eine ergebnisoffene Phase der Neuorientierung darstellt, ist das Einwohnen mit der Angliederungsphase nach van Gennep (2005) vergleichbar. Der Raum, in dem man lebt, wird vertrauter. Man verwächst immer mehr mit ihm und es bilden sich mehr und mehr Ge-wohn-heiten heraus, bis man fließend zum Wohnen gelangt. Wie die Ergebnisse dieser praxisorientierten Arbeit zeigen, wird dieser Prozess nicht so linear durchlaufen, wie er hier skizziert wird. Wohnen im Altenheim ist zwar grundsätzlich möglich, stellt aber nicht die Regel dar. Die Herausforderung für die Praxis besteht darin, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Wohnen im Heim ermöglicht wird. Derzeit muss konstatiert werden, dass es sich bei der aktuellen Bezeichnung des Be-wohners oft um einen euphemistischen „Etikettenschwindel“ handelt.
Ausgangspunkt der hier vorliegenden Untersuchung ist die Frage nach dem Zusammenwirken von Mitarbeitenden und Angehörigen in einem Altenpflegeheim. Diese Arbeit fokussiert auf die Perspektiven der Mitarbeitenden. Diese Subjektorientierung führt zu einem interpretativen Forschungsparadigma. Die Untersuchung erfolgt auf der Basis des Forschungsprogramms Subjektive Theorien und dem Ansatz der Sozialen Repräsentationen. Im empirisch-deskriptiven Teil werden kognitiven Strukturen der Mitarbeitenden über die Angehörigen geborgen und dargestellt. Das Bestreben der Studie besteht ist, mit der idiographischen Analyse einzigartige Entitäten abzubilden und einen rekonstruktiven Beitrag im Rahmen einer Fallstudie zu liefern. Eine über den Einzelfall hinausgehende Betrachtung im Sinne einer überindividuellen Generalisierung wird durch eine deskriptive Typenbildung vorgenommen.
Im Resümee zeigt sich ein erfahrungsbasierter, tätigkeitsorientierter Alltag. Dort werden die Dualität von konkreten, meist körperorientierten Tätigkeiten und der Beziehungsarbeit aufrechterhalten und zeigen die Ambivalenz der Mitarbeitenden. Erfahrbar ist die Marginalität der Angehörigen. Trotz der konzeptionell gefassten Zentralität von Angehören, bleiben die Angehörigen in einer Art Nichtzugehörigkeit und werden als von außen kommend wahrgenommen. Das Altenpflegeheim organsiert sich bis auf wenige Aspekte unabhängig von der Kompetenz, Mitwirkung und Präsenz der Angehörigen.
Kooperationsverweigerung, selektive Zusammenarbeit, Misstrauen und Kontrolle sind nur einige Beschreibungen für die Spannungen, die die Zusammenarbeit - und das ist bereits ein Diktum - mit Angehörigen charakterisieren. Die Pathologisierung von Angehörigen (belastet, sich schuldig fühlend, überfordert) und ein fürsorglich-paternalistischer Umgang mit ihnen (teilkompetent-laienhaft, Angehörige als Klienten) machen sie zu einer strukturellen Problemgruppe und erschweren partnerschaftliche Aushandlungsprozesse. Die Idee einer geteilten Sorge endet meist bei der nicht geteilten Verantwortung.
Altenpflegeheime sind stark regulierte und kontrollierte Organisationen und zeigen sich als Orte der Polyvalenz: Durch die Verschränkung der Lebenswelt von Bewohnern und ihrer Familien mit der Arbeitswelt der Mitarbeitenden benötigen alle Beteiligten eine hohe Professionalität und Zeit und Raum für triadische Aushandlungsprozesse.