Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar
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KURZFASSUNG HINTERGRUND UND ZIEL In deutschen Kliniken wird gegenwärtig verstärkt darüber diskutiert, wie medizinische Leistungen kosteneffizient und ohne Qualitätseinschränkungen angeboten werden können. Ziel der Studie war es, die Forschungsfrage zu beantworten, ob gut ausgebildete und erfahrene Pflegepersonen vergleichbar gut die PillCam Colon Kapselendoskopie auswerten können. Darüber hinaus richtet sich das Forschungsinteresse auch auf mögliche Veränderungen der beruflichen Identität durch die Übernahme einer ärztlichen Tätigkeit. METHODE In einer randomisierten kontrollierten multizentrischen, einfach verblindeten klinischen Vergleichsstudie interpretierten 18 Ärzte und Pflegepersonen je 30 PillCam Colon Kapselendoskopiefilme zur Überprüfung der Übereinstimmung der Polypendetektion. Die Ergebnisse wurden mit den Auswertungsergebnissen von 14 Experten (Referenz) verglichen. Aus der Vorstudie zur Fallzahlkalkulation ergab sich eine notwendige Filmanzahl von 270 Filmen. Mögliche Veränderungen der beruflichen Identität wurden mittels Gruppendiskussion und Fragebogen untersucht. ERGEBNISSE Die Sensitivität bei der Polypendetektion der Pflegepersonen im Vergleich zur Expertengruppe betrug 80,3% und die Spezifität 43,7%. Sensitivität und Spezifität der Diagnose von Polypen ≧ 10mm bei Pflegepersonen betrugen im Vergleich zur Referenzgruppe 72,4% bzw. 72,6%. In 73,5% stimmte die Polypendiagnostik mit den vorhergesagten Referenzwerten überein (OR Pflegepersonen: 1,54; OR Ärzte: 1,89). Bei der Größenbestimmung >10mm waren es 93,8% (OR Pflegepersonen: 6,4; OR Ärzte: 9,7). Die Anzahl der Berufsjahre und die Auswertungszeit sowie die Anzahl durchgeführter bzw. assistierter Koloskopien hatte keinen Einfluss auf die Eintrittswahrscheinlichkeit des Referenzwertes der Experten. Es ist kein wirtschaftlicher Mehrwert bei der Vorauswertung der Kolonkapselendoskopie durch geschulte Pflegepersonen ersichtlich. 90% der befragten Pflegepersonen (106/118) sind davon überzeugt, dass die Vorauswertung der Kapselendoskopie erlernbar ist. 65,4% der befragten Assistenzpersonen mit Fachweiterbildung hätten keine Sorge, einen relevanten Befund zu übersehen. 72% sind davon überzeugt, dass sich die Vorauswertung der Kapselendoskopie positiv auf die berufliche Identität und das Berufsbild auswirken würde. ZUSAMMENFASSUNG Die Vordetektion der Kapselendoskopie kann an gut geschulte und erfahrene Endoskopieassistenzpersonen mit Fachweiterbildung delegiert werden. Erfahrung in der Assistenz bei der Koloskopie und gute visuelle Interpretationsfähigkeit sind Voraussetzungen für eine vergleichbar gute Auswertungsqualität. Zwei Drittel der befragten Assistenzpersonen hätte keine Bedenken, die Verantwortung zu übernehmen und ca. 70% glauben, dass sich das neue Tätigkeitsfeld positiv auf das berufliche Selbstbild auswirken würde.
Die Konstitution des Pflegesubjekts wird auf der Grundlage einer Diskursanalyse nachvollzogen, indem spezifisch geronto-pflegerische Diskursfelder analysiert werden. Der pflegepraktische Diskurs, der pflege-juridische Diskurs und der pflegepädagogische Diskurs lassen sich auf der Grundlage einer poststrukturalistischen Analyse und mit dem Fokus auf eine spezifische Pflegekultur so öffnen, dass die Bedingungen einer spezifischen Konstitution des Pflegesubjekts evident werden. In einem weiteren Schritt wird der Versuch skizziert, bestimmte unterwerfende Formen pflegerischer Subjektkonstitution zu überwinden. Dieser Weg führt über die Einführung von Denkfiguren, die wesentlich von Emmanuel Levinas und Jacques Derrida geprägt sind und nach dem Entwurf der Pflegesituation als Ereignis fragen. Die bedingungslose Anerkennung des absolut Anderen in der Pflegesituation und eine damit verbundene altenpflegerische Grundhaltung, eröffnen Perspektiven auf alternative Subjektentwürfe im geronto-pflegerischen Handlungsfeld.
Sozial- und gesellschaftspolitische Anforderungen erfordern es, Pflegebedürftigkeit valide zu messen. Ein entsprechendes Messinstrument muss in der Lage sein, Pflegebedürftige aufgrund gültiger Kriterien in ihrer Pflegebedürftigkeit zu unterscheiden. In sechs Fachaufsätzen werden unterschiedliche methodologische und methodische Probleme und Herausforderungen der Messung von Pflegebedürftigkeit am Beispiel des Neuen Pflegebedürftigkeitsassessment (NBA) untersucht und die Ergebnisse verschiedener Validitätsstudien analysiert. Ein Ausblick auf die Anforderungen der Theorie- und Instrumentenentwicklung beinhaltet Vorschläge zu alternativen Herangehensweisen bei der Entwicklung von Messinstrumenten.
Palliative Haltung
(2012)
Gegenstand meiner theoretischen Betrachtungen ist das Phänomen einer “Palliativen Haltung”. Diesem war ich im Rahmen eines Forschungspraktikums im Palliativen Feld begegnet. Die Akteure betonen ihre Palliative Haltung und geben ihr einen zentralen Sinn, ohne sie selbst zu explizieren. Anhand von Interviews konnte ich Aspekte einer solchen Haltung explizieren. Diese betrachtete ich in Anlehnung an Eva Feder Kittays Care Theorie, an Christine Pfeffers ethnographische Studie, an Pierre Bourdieus Sozialraumanalyse und an Hartmut Rosas Akzelerationstheorie näher. Eine Palliative Haltung ist weder voraussetzungslos noch wirkungsfrei. Eva Feder Kittays Care Theorie verdeutlicht dies mit ihrem Verständnis von Care als einer Sorge für jemanden in drei Dimensionen: Tugend von Care, Haltung von Care und Care-Arbeit. Die Voraussetzungen von Care werden über Haltung zur Praxis. Da der Mensch als Mensch schon immer ein auf andere Menschen Angewiesener und Verwiesener ist, bestimmt Kittay Care-Beziehungen als die Grundformen des Beisammenseins von abhängig verfassten Menschen. Als Räume der Begegnung von Care-Gebenden und Care-Empfangenden sind sie getragen von einer gemeinsamen Haltung. Das Palliative dieser Haltung wirkt in dieses Aufeinander-Bezogensein hinein als verantwortliches mitmenschliches Solidarisch-Sein. Im Rahmen von Care-Beziehungen vermittelt die Palliative Haltung den Anspruch von Care mit der Wirklichkeit von Pflege und stiftet damit Sinn am Lebensende. Christine Pfeffer legt in ihrer ethnographischen Studie zur stationären Hospizarbeit die normativen Voraussetzungen des Palliativen Feldes offen. Sie manifestieren sich in der Norm des guten Sterbens (friedliche Akzeptanz der Sterbendenrolle – Individualisierung des Sterbens – Im Kontext einer Gemeinschaft). Meine eigene Palliative Haltung verfestigt sich in ihrer dialektischen Bezogenheit auf diese Norm des guten Sterbens. Der Befund der dialektischen Bezogenheit von palliativem Akteur und Normen des palliativen Feldes bestätigt sich durch die Annahmen der Sozialraumanalyse von Pierre Bourdieu. Es wird deutlich, dass sich Haltung in der dialektischen Begegnung von sozialem Akteur und sozialem Feld entwickelt. Palliative Haltung ist die habituell im Feld erworbene und habituell im Feld wirksame Haltung des sozialen Akteurs. Palliative Haltung ist Distinktionsmerkmal, das durch bestimmte Spielregeln, Konflikte, Strategien, Kapitalformen sowie Klassen und Geschmäcker des Palliativen Feldes und seiner Akteure gekennzeichnet ist. Eine Wertekollision kündigt sich gegenwärtig an angesichts der Bedrohung des Werts der Caritas – von außen durch das Hereindrängen von Kriterien der Ökonomie, von innen durch die habituelle Einverleibung dieser Kriterien auf eine effiziente Praxis hin, die dann nicht mehr anspruchs-, sondern verrichtungsorientiert ist. Mit Hartmut Rosas Akzelerationstheorie zeige ich: Palliative Haltung als Haltung des Zeithabens ist ein Anachronismus in der beschleunigten Moderne. Als Haltung des Zeithabens verändert Palliative Haltung die Handlungsgeschwindigkeit. Sie dient der Entschleunigung des Menschen im palliativen Feld im Rahmen einer Care-Beziehung. Als Ort der Entschleunigung wurde das Palliative Feld aus dem Feld des Gesundheitswesens ausdifferenziert. Das durch eine optionen-optimierte Medizin bedingte langsamere und längere Sterben und der Tod als Vernichter von Optionen in einem optionenverdichteten Gesundheitswesen mussten notwendigerweise ausdifferenziert werden, um ein beschleunigtes Gesundheitswesen überhaupt funktionsfähig zu halten. Fazit: Nach Palliativer Haltung kann ich nur fragen, indem ich zugleich nach ihren Voraussetzungen frage (die Tugend, die mich befähigt - die Norm des guten Sterbens - die Dialektik von Habitus und Feld - der modern beschleunigte Mensch), die in meiner Haltung vermittelt zur Praxis werden. Mit der Annäherung an eine sogenannte Palliative Haltung gelingt zugleich eine verstehende Annäherung an gegenwärtig stattfindende, gesellschaftlich verantwortete Transformationsprozesse eines ökonomisierten und beschleunigten Gesundheitswesens. In der Palliativen Haltung überlebt die Anspruchs-Haltung von Pflegenden und Ärzten an das eigene sorgende Handeln, das als solches in dialektischer Verwobenheit mit dem Feld des Gesundheitswesens in dieses hineinwirken kann.