Das österreichische Bildungssystem wurde 1962 im Zuge der einjährigen Verlängerung der Pflichtschulzeit auf neun Jahre auch um einen neuen Schultyp in Form des einjährigen „Polytechnischen Lehrganges (PL)“ erweitert (BGBl. Nr. 241 & 242, SchPflG 1962, SchOG 1962). Der PL war dabei als eine Möglichkeit zur Absolvierung dieser verlängerten Pflichtschulzeit vorgesehen, verbunden mit dem Bildungsziel der Berufsvorbereitung. Die gesetzliche Implementierung und der Start erfolgten mit dem Schuljahr 1966/67. Die Akzeptanz durch die Schüler*innenschaft war bereits nach der Anfangsphase verhalten und auch die Zahl der Absolvent*innen war über die Zeit aus unterschiedlichen Gründen rückläufig, was mehrere Attraktivierungsversuche zur Folge hatte und schließlich im Jahr 1997 (BGBl. Nr. 766/1996) zur Namensänderung in „Polytechnische Schule (PTS)“ führte. Im qualitativen Forschungsdesign der vorliegenden Arbeit wurden im oberösterreichischen Zentralraum in Gruppendiskussionen bzw. Leitfadeninterviews interne wie auch externe Akteur*innen befragt bzw. Datenmaterial in Form der Lehrpläne und Statistiken analysiert und mit den Funktionen, die der Schultheoretiker Fend für die Schule als wichtig erachtet (Fend, 2008), abgeglichen. Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass die unterdurchschnittliche Annahme dieser einjährigen Schulform durch die Jugendlichen mit einem verbesserungswürdigen Image der PTS innerhalb der Gesellschaft sowie einer derzeitigen suboptimalen sozialen Zusammensetzung der Absolvent*innen vor allem im städtischen Bereich erklärt werden kann. Denn die Analyse der Gesamtkonzeption der PTS zeichnet ein durchaus brauchbares Bild: Gesamtkonzept sowie Bildungsziele sind in Hinblick auf die Vorbereitung auf die Arbeitswelt stimmig und die Umsetzung erfolgt engagiert.
Gedenkstätten verstehen sich als Orte des Erinnerns, aber auch als Einrichtungen der historischen und politischen Bildung. Sie tragen in zweifacher Hinsicht Verantwortung, nämlich in Bezug auf die Opfer und deren Nachkommen. Aufgrund des Ablebens vieler Zeitzeuginnen und -zeugen befinden sich KZ-Gedenkstätten im Allgemeinen in einer Übergangsphase, in der sich die Bildungsarbeit vor Ort mit der Herausforderung konfrontiert sieht, die Vermächtnisse der noch zur Verfügung stehenden Überlebenden zu sichern, zu dokumentieren und pädagogisch aufzubereiten. In diesen Kontext werden die pädagogischen Konzeptionierungen der beiden Gedenkstätten Dachau und Mauthausen gegenübergestellt und einer Analyse zugeführt. Zur methodischen Aufarbeitung bieten sich hier gedenkstättenpädagogische bzw. dekonstruktive Herangehensweisen an, wie beispielsweise die Fragestellungen: Wie wird Geschichte gestaltet? Wie wird Erinnerung gestaltet?
Editorial
(2021)
Pädagogische Professionalität entwickelt sich nicht wie überwiegend angenommen aus der Reflexion wissenschaftlicher Theorien. Entscheidend rückt darum das subjektiv-biografische Verständnis von Lernen und pädagogischem Handeln pädagogischer Fachkräfte als Grundlage für die pädagogische Qualität in Kindertageseinrichtungen sowie die Professionalisierungsdebatte in der Frühpädagogik in den Mittelpunkt.
Ko-konstruktiver Ansatz
(2024)
Der Ko-konstruktive Ansatz ist ein pädagogisch-didaktisches Handlungskonzept der frühen Bildung. Im Vordergrund des Ansatzes steht die Eigenaktivität des Kindes und das Lernen in sozialer Interaktion mit anderen. Neues Wissen, Kompetenzen oder Handlungsstrategien werden gemeinsam und partnerschaftlich entwickelt.
Auf der Basis des Beitrags „Nebeneinander ohne Konflikte. Die multiprofessionelle Struktur interreligiöser Lehrgemeinschaften“ rekonstruiert dieser Beitrag die sich im Interview zum christlich-islamischen Teamteaching manifestierenden religionspädagogischen Professionstypen. Im Gruppengespräch der katholischen und islamischen Religionslehrkraft mit dem Forscher*innenteam lassen sich divergente Orientierungsschemata auf der fachlichen und fachdidaktischen Ebene zum guten Religionsunterricht rekonstruieren, die auf konträre Orientierungsrahmen zur Aufgabe des Religionsunterrichts für Kinder, Gesellschaft und Religionsgemeinschaft hinweisen. Im Rahmen der relationalen Analyse werden die Orientierungsrahmen zu zwei oppositionellen Professionstypen – einem problemorientiert-emanzipatorischen und einem inhaltsorientierten – verdichtet, die eingebunden sind in die Diskurse über religiöses Lernen in der Moderne unter pluralen Bedingungen. Ersterer ist religionspädagogisch dem Grundgedanken der Korrelationsdidaktik, Letzterer dem katechetischen/materialkerygmatischen Konzept zuzuordnen. Die Differenz in den Orientierungsrahmen erschwert die (inter-)professionelle Zusammenarbeit signifikant. Abschließend diskutiert der Beitrag die Konsequenzen dieser Erkenntnisse für den religionspädagogischen Diskurs und die Ausbildung zukünftiger Religionslehrer*innen.
Nebeneinander ohne Konflikte : die multiprofessionelle Struktur interreligiöser Lehrgemeinschaften
(2021)
Dieser Beitrag untersucht die Erfahrungen und Wahrnehmungen zweier Religionslehrerinnen im Rahmen eines katholisch-islamischen interreligiösen Teamteachings an einer österreichischen Volksschule, das anschließend in einem Gruppengespräch mit einem ebenfalls interreligiös zusammengesetzten Forscher*innenteam der Universität Graz reflektiert wurde. Als Auswertungsmethode dient die rekonstruktive Sozialforschung nach Bohnsack. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie die beiden Lehrerinnen ihre Kooperationserfahrungen und Rollenidentitäten rekonstruieren. Bei beiden zeigt sich die Prägung durch die Traditionen und Professionsverständnisse ihres jeweiligen Fachs und der dahinterstehenden Religionsgemeinschaft. Obwohl das Team auf eine professionelle Lehrgemeinschaft ausgerichtet ist, lässt sich eine binäre und exkludierende Interaktionslogik rekonstruieren. Dies führt dazu, dass die beiden in einem hierarchischen Interaktionsmuster agieren, wie es für multiprofessionelle Teams typisch ist. Die religiöse Differenz, die den Unterricht anreichern soll, ordnet die Professionen. Die Akteur*innen, die sich als professionell verstehen, setzen sich zu anderen Professionalitäten in Distanz, und zwar gerade dann, wenn die Verarbeitung der gesellschaftlichen Situation und der Institutionenlage konträr verläuft. Die Ausrichtung auf ein gemeinsames Handlungsziel, wie es Lehrgemeinschaft benötigt, ist nur dann möglich, wenn die religiöse Differenz unbeachtet bleibt; dann werden selbst konträre Professionsvorstellungen zueinander geführt.
Ausgangspunkt für den vorliegenden Beitrag ist die Feststellung sowohl zunehmender gesellschaftlicher Spaltungen als auch zunehmender gegenseitiger Vernetzungen und Abhängigkeiten in globalen Räumen: Neben den weltweit bereits seit einigen Jahren stattfindenden kontroversen Debatten rund um den Klimawandel zeigen aktuelle Entwicklungen ebenso sowohl gesellschaftliche Brüche als auch Interdependenzen auf, mit denen die globale Weltgesellschaft gegenwärtig konfrontiert ist.
Einerseits entpuppt sich das Prinzip der Kontroversität als relevantes fachdidaktisches Instrument bei der Vermittlung einer Global Citizenship Education. Zugleich argumentiert der vorliegende Artikel jedoch auch, dass die Politische Bildung dem gleichzeitigen Aufeinandertreffen von einerseits gesellschaftlichen Spaltungen und andererseits gegenseitigen gesellschaftlichen Abhängigkeiten nur dann Rechnung tragen kann, wenn auch das Prinzip der politischen Handlungsorientierung berücksichtigt wird.
Wie können daher Lehr- und Lernprozesse aussehen, die praktische Verständigungs- und Aushandlungsprozesse sowie Strategien für gemeinsames gesellschaftliches Handeln in den Vordergrund stellen? Und welche Einseitigkeiten bzw. Gefahren müssen bei einer Aktualisierung des Prinzips der politischen Handlungsorientierung beachtet werden? Ein Unterrichtskonzept liefert abschließend einige Denkanstöße zur Aktualisierung handlungsorientierter Unterrichtssequenzen unter Berücksichtigung von Interdependenz in der Politischen Bildung.
Crisis der Pflegepädagogik
(2014)
Der Text stellt die Antrittsvorlesung des Autoren als Professor für Pflegepädagogik am Fachbereich Gesundheitswesen der Katholischen Hochschule NRW, Köln, dar, die er am 10.12.2014 gehalten hat. Im Sinne von Vorklärungen wird zunächst die Pflegepädagogik als Handlungsfeld und als wissenschaftliche Disziplin betrachtet. Im Hauptteil werden zwei Problembereiche benannt, die zu einer Crisis der Pflegepädagogik führen können. Zum einen wird die Problematik einer dem Vermessbarkeits- und Verwertungsgedanken folgenden Kompetenzorientierung argumentativ entfaltet. Zum anderen wird die Gefahr der Eliminierung des Pädagogischen aus der (Pflege-) Pädagogik begründet. Sie besteht durch die Konjunktur einer Bildungsforschung, die nicht auf zentralen erziehungswissenschaftlichen Begriffen gründet (Erziehung, Bildung, Didaktik), sondern auf kategorisierbare und inferenzstatistisch berechenbare Beobachtungen von Unterrichtswirklichkeit. Die Gefahr besteht darüber hinaus durch die Konjunktur einer wissenschaftlichen Betrachtung von Lehr-Lern-Prozessen, die diese als Ausdruck physisch-körperlicher Prozesse versteht. Im Fazit mahnt der Autor eine bewusste und kritische Auseinandersetzung mit diesen Problembereichen an, damit die Pflegepädagogik am Ende der Crisis nicht zur Gehilfin einer sogenannten Pflegeindustrie wird.