Evangelische Hochschule Nürnberg
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Dieses Papier stellt mit dem Verwirklichungschancenansatz von Amartya Sen einen
umfassenden theoretischen Rahmen für eine multidimensionale Messung von Armut im
Nationalen Bildungspanel (NEPS) vor. Es wird aufgezeigt, wie diese erweiterte Betrachtung
von Armut genutzt werden kann um die Auswirkungen von Armut auf die individuelle Bildung
aber auch den Einfluss von Bildung auf Armutslagen im Rahmen eines Multi-Kohorten-
Sequenz-Designs zu untersuchen. Neben einem Überblick über den Ansatz sowie einer
Aufarbeitung der bildungsbezogenen Forschungen stellt dieses Papier die bereits bestehende
Operationalisierung von relevanten Konstrukten im NEPS sowie einen Vorschlag zur
Erweiterung der erfassten Dimensionen um die verschiedenen Facetten individueller
Verwirklichungschancen für verschiedene Befragungsgruppen dar. Es erarbeitet somit eine
Grundlage, um erweiterte Aspekte von Armut zukünftig im Rahmen des NEPS besser
abzubilden
Die Welt aus den sozialen Fugen – ein soziologischer Blick auf die Entwicklung sozialer Ungleichheit
(2022)
Seit Beginn der sogenannten Corona-Krise diskutieren sowohl die Soziologie wie auch die Ethik sehr intensiv über Themen (gesellschaftlicher Zusammenhalt, Ungleichheit, Gerechtigkeit), die an entscheidenden Stellen nur mittelbar mit der Krise selbst zu tun haben, die jedoch in dieser, wie unter einem Brennglas, in verschärfter Form zutage treten. Aus unserer Perspektive spricht vieles dafür, diese Brennglassituation auch dahingehend zu nutzen, sich mit diesen über das Aktuelle hinausweisenden Themen intensiv auseinanderzusetzen. Gleichzeitig, und dies stellt den direktesten Anlass für das Folgende dar, haben wir diese Auseinandersetzung als ein Ge-spräch, als einen Dialog zwischen Ethik, Theologie und Soziologie angelegt, der, ausgehend von einer auf die aktuelle Situation bezogenen Diagnose, versucht, disziplinübergreifende Gemein-samkeiten wie auch disziplinspezifische Unterschiede auszuloten, um die Grenzen des eigenen Soziolekts (Zima) zu überschreiten und im Rahmen einer dialogischen Situation eine belastbare gemeinsame Perspektive zu entwickeln. Vielleicht lässt sich die Situation der Pandemie auch als eine Grenzsituation im Jasper‘schen Sinne verstehen, in der „nichts Festes da ist, kein unbe-zweifelbares Absolutes, kein Halt, der jeder Erfahrung und jedem Denken standhielte“ (Jaspers 1922, S. 229). Warum möglicherweise kein Halt da ist – und was stattdessen vorherrscht –, darauf bieten Soziologie, Theologie und Ethik sicherlich unterschiedliche aber, so denken wir, kommensurable Antworten.
Essstörungen erfahren in ihren unterschiedlichen Ausprägungsformen zunehmende mediale Präsenz sowie gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Dem gegenüber steht jedoch ein nach wie vor relativ geringes wissenschaftliches Interesse am Thema Essstörungen, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeiten einer nachhaltigen Genesung (Feistner, 2018, S. 17) und dies trotz einer nicht unerheblichen Betroffenheit von Kindern und Jugendlichen. So berichtet das Robert-Koch-Institut aktuell von ca. 20 % Kindern und Jugendlichen mit Symptomen von Essstörungen(https://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2019/11_ 2019.html).
Im Rahmen der Bachelorarbeit „Peer-Arbeit als Ergänzung bestehender Therapieansätze bei Essstörungen. Erforderlich und wünschenswert - oder doch überflüssig?!“ (Götz 2019) zeigte eine der AutorInnen die Notwendigkeit der Entwicklung neuer, interdisziplinärer und Schulen übergreifender Konzepte auf. Ein möglicher Ansatz stellt dabei das Konzept der Peer-Arbeit dar. Hierunter ist die Einbeziehung von Erfahrungen im Sinne einer Ressource (ehemals) Betroffener in den Therapieprozess zu verstehen. Deren positive Effekte konnten bereits im Bereich der Suchthilfe bzw. der psychiatrischen Behandlung belegt werden. So besitzt das sogenannte EX-IN Projekt im Bereich der Ausbildung von Psychiatrie-Erfahrenen mittlerweile eine große Bekanntheit (vgl. Utschakowski 2011). Auch im Bereich der Essstörungen gibt es erste Hinweise darauf, dass ein Austausch mit anderen von der Krankheit Betroffenen eine im Hinblick auf die Bewältigung unterstützende Wirkung entfalten kann. Bis zu einer Implementierung von Peer-Arbeit als fester Bestandteil der Therapie bei Essstörungen bedarf es jedoch noch einiger Forschungen.
Subjektive Belastung der Eltern durch Schulschließungen zu Zeiten des Corona-bedingten Lockdowns
(2020)
Die Corona-bedingten Schulschließungen sowie die Schließung von Kinderbetreuungseinrichtungen im April und Mai 2020 haben viele Eltern vor eine immense Herausforderung gestellt. Plötzlich mussten Kinder ganztags Zuhause betreut und beschult werden. In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit der Frage nach der subjektiven Belastung, der sich Eltern durch die Beschulung Zuhause ausgesetzt sahen. Hierbei legen wir ein besonderes Augenmerk auf die individuelle Ressourcenausstattung der Eltern sowie auf ihre familiäre Situation und ihr Erwerbsleben. Insbesondere untersuchen wir das subjektive Belastungsempfinden alleinerziehender Eltern. Für unsere Analysen nutzen wir die Daten der SOEP-CoV-Studie, einer Sonderbefragung an Panelteilnehmern des Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP) zum Thema Corona. Insgesamt konnten wir bei allen befragten Eltern eine mäßige Belastung durch die Anforderungen der Beschulung ihrer Kinder Zuhause ausmachen. Besonders belastet fühlten sich jedoch Eltern mit einem niedrigen Bildungsabschluss und alleinerziehende Eltern, insbesondere wenn sie zur Zeit der Schulschließungen erwerbstätig waren. Unsere Analysen legen nahe, dass gerade diese Elterngruppen Probleme hatten, den Anforderungen, die eine Beschulung Zuhause mit sich bringt,unter den gegebenen Umständen umfassend nachzukommen.
Im Rahmen einer qualitativen Studie entwickelten Kramer et al. (2009) eine Typologie des Schülerhabitus, die an die Arbeiten von Bourdieu anknüpft und auf die Analyse der Reproduktion sozialer Ungleichheit im Bildungsbereich abzielt.In quantitativen Untersuchungen blieb dieser Ansatz bislang jedoch weitgehend unberücksichtigt. Mit dem vorliegenden Beitrag versuchen wir eine Verbindung herzustellen und formulieren mithilfe von Daten des Nationalen Bildungspanels einen Vorschlag für eine quantitative Abbildung des Schülerhabituskonzepts. In einer Reihe von Latent-Class-Analysen mit ausgewählten Variablen zeigte sich, dass es sowohl formal geeignete als auch inhaltlich sinnvoll interpretierbare Lösungen gibt, die verschiedene Schülerhabitustypen beschreiben und zudem Zusammenhänge mit weiteren ungleichheitsrelevanten Merkmalen aufweisen. Daneben werden aber auch die Grenzen einer solchen Analytik deutlich, die sich aus der anspruchsvollen Hintergrundtheorie und der Breite der Indikatoren ergibt.
Entstanden im Zusammenhang der humanistischen Psychologie ist die Themenzentrierte Interaktion (TZI) nach Ruth C. Cohn (1912-2010) heute vor allem in pädagogischen Kontexten weit verbreitet. Wenig beleuchtet ist bisher die Verbindung von TZI und Soziologie, die im folgenden Beitrag untersucht wird. Auf der Basis soziologischer Analysen und Reflexionen werden verschiedene Dimensionen der gesellschaftlichen Verortung und Bedeutung der TZI in den Blick genommen und neu konturiert. Vor diesem soziologischen Hintergrund lässt sich die mit der TZI verbundene praktische Idee, geellschaftlich wirksam zu werden, auch theoretisch differenziert begründen.
Measuring Motivational Concepts and Personality: Aspects in the National Educational Panel Study
(2019)
Dieses Kapitel stellt die Auswahl und den Einsatz von motivationalen Konzepten und Persönlichkeitsaspekten im Nationalen Bildungspanel vor. Die Konstruktauswahl basierte dabei auf Gemeinsamkeiten gängiger Motivations- und Persönlichkeitstheorien, um dadurch Forschungsarbeiten aus verschiedenen theoretischen Perspektiven anzuregen. Aufgenommen wurden Lernmotivation und Anstrengungsbereitschaft, persönliche Ziele, allgemeine Interessenorientierungen, Sachinteresse, Selbstkonzept (allgemein und domänenspezifisch), sowie Persönlichkeitsaspekte und ausgewählte Dimensionen sozialer Kompetenzen und des Erziehungsverhaltens. Bei der Auswahl der theoretischen Konstrukte und der zu deren Erfassung einzusetzenden Testverfahren stand die Anwendbarkeit über den gesamten Lebensverlauf hinweg im Vordergrund. Innerhalb des Nationalen Bildungspanels trägt diese integrierende Zusammenstellung von motivationalen Konzepten und Persönlichkeitsaspekten zur Verbesserung des Verständnisses von Bildungsprozessen und Kompetenzentwicklung von der frühen Kindheit bis ins späte Erwachsenenalter bei.
This chapter outlines the use and measurement of motivational concepts and personality aspects in the German National Educational Panel Study (NEPS). The selection of concepts combines elements that prevalent motivation and personality theories have in common, thereby promoting research from different theoretical perspectives. The constructs measured are learning motivation and effort, personal goals and goal pursuit, general interest orientations, topic-related interests, self-concept (both general and domain-specific), personality aspects, and selected social skills and parenting behavior dimensions. These theoretical constructs and their corresponding measurements presented in this chapter were chosen on the basis of their applicability across the complete life course. Within NEPS, this integrated compilation of motivational concepts and personality aspects improves our understanding of educational processes and competence development from infancy to late adulthood.